Die fantastische Sandra Naujoks- Phillip Marmorstein – „jungleman12″fasst mich an.

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„Jeder von uns ist nur ein Mensch, nur ein Versuch, ein Unterwegs. Er sollte aber dorthin unterwegs sein, wo das Vollkommene ist, er soll ins Zentrum streben, nicht an die Peripherie.“ Hermann Hesse

Hesse hat selbstverständlich unrecht. Was interessiert mich das Zentrum, wo es an der Peripherie doch meist viel spannender ist? Abgesehen davon, dass mit der Vollkommenheit habe ich sowieso schon lange aufgegeben. Jeder soll sich seinen Platz suchen und meiner ist definitiv am Rand. Soweit Rand wie geht. Dort fühle ich mich wohl und da bleibe ich auch. In den letzten Tagen durfte ich von Sandras Teller essen, war erstmals Gast auf einer „Players Party“, habe mich mit meinem vorletzten lebenden Idol Phillip Marmorstein fotografieren lassen und wurde von Daniel „jungleman12“ Cates angefasst. Eine ziemliche Menge buntes Leben in hochdosierter Form.

Grundsätzlich passe ich auf eine Player Party, wie Rainman in den Saunaclub. Eher noch ein Stückchen weniger, wenn ich so darüber nachdenke. Aber versprochen ist versprochen und meinen herzallerliebsten Kollegen Emu und Lennart, will ich zumindest einmal kurz die Hände schütteln. Normalerweise kneife ich im letzten Moment. Hoffe auf einen unwiderstehlichen und zweifelsfreien Notfall, oder zumindest auf 37.2 Temperatur. Dann rufe ich den Notarzt und meine Mutter an (in der Reihenfolge) und sage alles ab. Diesmal nicht, diesmal will ich nach Baden ins Casino. „Fluch der Karibik“ lautet das Motto. Gebe Gott mir eine Augenklappe, ich möchte sein wie Mosche Dajan und alles wird gut. Stattdessen meldet sich Sandra Naujoks mit einem Hilferuf. In der Kurzfassung: Sandra in Not. Das Wiener Concord Card Casino – seit jeher Poker und Raucherparadies und Sandra braucht eine Zigarre, weil alle rauchen außer sie eben. Eine kubanische soll es sein. Unbedingt. „Sandra“ sage ich: „Eine kubanische Zigarre um die Zeit, kann ich höchstens aus einem Puff holen.“Schon klar“ erwidert Sandra: „Die Blonde geht auf mich. Und die zwanzig Minuten kann ich auch noch warten.“ – Für was für ein abgefucktes Arschloch hält mich Sandra? Ich treffe die schönste Frau der ganzen Pokerwelt und soll davor meinen Körper einer mir gänzlich unbekannten Blonden anvertrauen? Und was meint sie mit den „zwanzig Minuten“?

Egal. Fünfzehn Minuten später bin ich da. Die Zigarre kommt aus Honduras und zerfällt zu Staub, wenn man sie nur böse ansieht. Mir ist das so peinlich und ich möchte es der Zigarre gleichtun. Irgendwie. Wir unterhalten uns, haben Spaß und spielen „Dealers Choice“. Alles was erlaubt ist und darüber hinaus. Genau erinnere ich mich nicht mehr, aber „Doppelflop Holdem Hi/Low“ war ziemlich sicher dabei und sonstige Pokerunarten. Mir ist das alles egal. Ich hänge an Sandras Lippen, esse von ihrem Teller die Reste (und in der Therapie glaubt mir das keiner) und bin rundum glücklich. Irgendwann sage ich dann den wohl dümmsten Satz meines bisherigen Lebens: „Liebe Sandra, ich muss jetzt gehen. Ich muss auf die Players Party“. Und ich gehe dann auch. Spätestens auf der Autobahn nach Baden hasse ich mich dafür und alle anderen auf der Autobahn hasse ich auch. Einfach so.

Zur Players Party fällt mir nicht viel ein. Alle waren sehr freundlich und respektvoll zu mir, obwohl mich wohl kaum einer gekannt hat (oder vielleicht deswegen?). Ich betrachte das Kapitel als erledigt und wünsche allen anderen viel Spaß. Dem Sänger empfehle ich die Mitten bei der Gesangseinlage ein wenig zu reduzieren und ausdrücklich bedanken möchte ich mich für den lustigen Piratenhut. Der bekommt bei mir daheim einen Ehrenplatz. Dankeschön.

Nächster Morgen. Lobby Sofitel. Johannes Strassmann war so freundlich und mein Kollege Marius Gärtner war so geschickt. Wir dürfen dabei sein. Irgendwie, oder zumindest vorher. David „jungleman12“ Cates hält in dem noblen Hotel ein Seminar. Irgendwo weit oben in den unerreichbaren Höhen. Davor gibt es eine Art kleinen Presseempfang. Marius spricht und ich fotografiere. Großartig und genau wie ich es gerne habe. Phillip Marmorstein ist auch da. Ohne Fotograf und ohne Spickzettel. Das gefällt mir. – Auch ich habe Vorbilder. Mindestens fünf. Salinger, Chatwin und Chandler sind tot. Helge Timmerberg ist weit weg, oder auf Reisen. So wird das gemeinsame Bild mit Marmorstein Pflicht und Freude zugleich. Daniel „jungleman12“ Cates und Johannes Strassmann kommen. Der kleine Presseempfang ist damit quasi eröffnet. Johannes schaut gut aus. Die Haut schön, die Augen klar. Gleichzeitig in sich ruhend und doch voll Energie. Beneidenswert. Daniel Cates wirkt ein wenig müde und ist mehr als ein wenig blass. Die harten Wiener Nächte und ein Leben vor den gar nicht mehr flackernden Bildschirmen fordern seinen teintmäßigen Tribut. Die Augen sind freundlich. Die Sprache ist klar und strukturiert. Mein Kollege Marius hat alles im Griff. Ich mache meine Fotos und verabschiede mich.


Nachtrag:
Beim Fotografieren legte Daniel „jungleman12“ Cates für einen kurzen Moment seinen Arm um meine Schultern. Freund Marmorstein hat ganz erschrocken geschaut. Es hat sich aber nett angefühlt muss ich zugeben. Vielleicht mache ich gerade eine Wandlung durch oder so. Im Puff zum Beispiel, die blasse Blonde mit der Bunga Bunga Figur und dieser wunderbaren Frisur der jungen Catherine Deneuve. Ich habe nicht einmal richtig hingesehen (obwohl doch Sandra bezahlt hätte). Vielleicht werde ich sogar ein besserer Mensch. Wenig wahrscheinlich, aber nicht ganz ausgeschlossen.

Götz Schrage

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