Montesino Wien – Ich liebe Vanessa Selbst wirklich – Chuzpe und das charmante Hinterzimmer

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Ich liebe Vanessa Selbst. Ich liebe ihr Lächeln, ich liebe die Art wie sie die Stirn runzelt und mit den Händen gestikuliert. Ich liebe ihre Stimme und ich liebe ihren Blick, wenn ihr  dumme Menschen dumme Fragen stellen. Vanessa Selbst ist so cool wie ich selbst so gerne wäre, und sie ist beim Pokern so erfolgreich, wie ich es wohl niemals sein werde. Bevor jetzt ein oberschlauer Dümmling zur Tastatur greift, um mit groben Worten Vanessas sexuelle Disposition zu umschreiben, möchte ich klarstellen, dass ich in Kenntnis dieser Tatsache keinen Millimeter von meiner Liebe abrücken werde. Scarlett Johansson wird höchstwahrscheinlich auch niemals mit mir schlafen und ich liebe sie trotzdem von der Ferne. Rein statistisch – für alle die bei den Buchmachern gerne die Sonderwetten spielen – sind meine Chancen bei Vanessa Selbst astronomisch höher, als bei Scarlett. Im Montesino werden wir uns sicher begegnen und bei halbgutem Casinolicht kann ich schon mal verdammt gut aussehen. Dessen bin ich mir ebenfalls bewusst. Also bevor Sie jetzt auf Ereignisse wetten, wie „Ein Liliputaner wird der nächste Präsident der USA“ oder „Die Außerirdischen landen zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2012 “, riskieren Sie besser ein paar Euro auf „Vanessa Selbst stellt Götz Schrage als ihren neuen Freund vor“. – Immerhin habe ich einschlägige Erfahrung. Meine Exexexexexfreundin hat nach mir keinen Mann mehr angesehen. Wahrscheinlich weil ich so gut war und so. Trotzdem nagt es ein wenig am Selbstbewusstsein, wenn ich sie manchmal treffe Hand in Hand mit jungen zarten Mädchen, die mir so gar nicht ähnlich sehen. – So gesehen, schulden „die“ mir noch was und das werde ich Vanessa Selbst im Montesino gleich erzählen.  – Ich hoffe allerdings, ich habe Vanessas Twitter-Eintrag nicht falsch interpretiert. Mein Englisch ist ja so grottenschlecht, aber eines ist fix, wenn die Buchmacher auch twittern, rasseln die Kurse nach unten.  Also, wer jetzt nicht auf mich setzt ist selbst schuld und mein bestes Hemd ziehe ich auch an . – Montesino ich komme! 

 

And now to something completely different  – Hätte da eine kleine Geschichte anzubieten, wie man sie wohl nur in den charmanten, kleinen Hinterzimmern weit draußen in der Vorstadt erleben kann. Ein halbvoller Omahatisch lang nach Mitternacht. Müde Pots, müde Gegner und ich nach langer Zeit mal wieder massiv im Brand. Auf einmal geht die Tür auf und es kommen fünf Männer rein. Dunkle Sakkos, dunkle Lederjacken, kurze feste Beine, kurze Hälse, pechschwarze Haare, braune Augen und scheinbar alle irgendwie miteinander verwandt. Ich tippe mal im Geiste auf Georgier oder Armenier – will mich aber noch nicht festlegen, nur mal als ethnische These. Zwei setzen sich an den Holdem-Tisch, einer stellt sich an die Bar und der scheinbar Jüngste kommt zu uns und spielt gleich seine erste Hand auf Platz Zwei. Den fünften Mann habe ich aus den Augen verloren.  – Flop: 10, 9, 7 . Der Dunkle mit den dunklen Augen checkt. Bet – Call – Call – „All in“. Gleich in der ersten Hand packt der thesenmäßige Armenier alle Chips in Tischmitte. Zwei Unentwegte bezahlen. Turn (5) River (8) wird gecheckt. Showdown  – alle Karten auf. Der Dealer startet von links nach rechts. Erkennt die Straße – somit „Second Nuts“ am Flop. Mustert die beiden Hände der anderen Spieler und annociert „Straße“. Schwupps ist die Hand des georgischen Armenier umgedreht und im Muck verstaut. Ich habe meine Brillen nicht auf, aber irgendwas in der schwammigen Unschärfe gefällt mir nicht. Wir haben da einmal 10,9,Q,A und einmal 10,9,Q,K – das Board zeigt 10,9,7,5,8. Der Dealer wiederholt „Straße“ und fängt den Pot an zu teilen. Inzwischen habe ich mich aufgerichtet und betrachte den ganzen Tisch für eine hundertstel Sekunde in kompletter Schärfe. Das reicht für meine Expertise: „Keine Straße  – der neue Spieler gewinnt den Pot.“ – „Aber der hat ja keine Karten mehr“ meldet sich der eine Gegner mit den zwei Paar 10,9. Der Dealer nickt heftig, weil es ja auch irgendwie seine Richtigkeit hat (das mit „keine Karten“ haben). Obwohl nicht im Dienst und in keiner Funktion – außer im ewigen Kampf mir Ärger einzuhandeln wiederhole ich: „Der Herr auf Platz zwei hat eine Straße bis zur Zehn gezeigt. Die Hand war im Showdown und mit dem Öffnen der Karten geht die Schutzpflicht vom Spieler weg und zum Dealer hin.“ – Einmal versucht es der Dealer noch: „Aber es war schon einmal so eine Situation und da hat……“. – Das ist dann der Moment, wo ich gewöhnlich nicht mehr zuhöre und diese sonderbare dicke Ader auf meiner Stirn zu pochen beginnt, aber ich reiße mich zusammen  und sage nur: „Dann holen Sie bitte sofort den Floorman“. – Mehr braucht es nicht. Aus mir unerfindlichen Gründen geht jetzt alles ganz schnell. Die beiden Karten der Spieler mit den zwei Paaren werden in den Muck gemischt und der dunkle Herr auf Platz Zwei bekommt kartenlos aber berechtigt den Pot zugestellt. 

 Soweit, so normal. Quasi ein Klassiker, etwas was immer mal und in jedem Haus passieren kann. Nur im Montesino oder im Concord Card Casino wäre schon längst ein Floorman da (und wenn die Adern zu pochen beginnen auch gleich die freundlichen Herren von der Security). Aber die Geschichte hat noch eine Pointe. Etwas von pokerhistorischer Relevanz. Nebenbei kann man gut erklären, was das wichtige Wörtchen „Chuzpe“ bedeutet. Gerade als Zocker sollte man das verstehen. Der Pot ist also gerade frisch zugestellt und trotzdem macht der Dealer keine Anstalten sein ostentativ sorgfältiges  „scrambeln“ zu beenden um vielleicht den Mischvorgang fachgerecht zu finalisieren. Ein kurzer trauriger Blick zum Armenier, ein leises Räuspern und ein zwischen den Dealerlippen gezischtes „Bitte den Dealer nicht vergessen“. Der vermeintliche Armenier, dem eben gerade seine Karten weggeräumt wurden erstarrt, blickt angewidert ins Casinonichts und sagt kein Wort. Der Dealer mischt wieder, lehnt sich noch ein Stück weiter zu Platz eins, räuspert sich ein weiteres Mal: „Bitte den Dealer nicht vergessen!“ „Ich habe dich schon vergessen Junge“ sagt der Dunkle mit den dunklen Augen knapp und böse. Der Dealer mischt eine weitere Runde und blickt flehentlich auf die Chips von Platz zwei: „Ich meine nur, bitte nicht den Dealer vergessen“. Der Armenier beugt sich ein Stück weiter nach vorne und wiederholt seinen Satz von vorhin, wobei er jedes Wort einzeln betont. „Ich“ – „habe“ – „dich“ – „bereits“ – „vergessen“.   – Hätte der Dealer nur einen Funken soziale Intelligenz besessen wäre das eine ziemlich gute Nachricht gewesen. Besser allemal in so einem Fall vergessen zu werden, anstatt zwei Euro abzustauben und sich am Heimweg ständig umdrehen zu müssen.  – Ach ja und um meinem Bildungsauftrag gerecht zu werden, in der Situation mehrfach nach Trinkgeld zu fragen ist ein gutes Beispiel für wirklich dreiste Chuzpe.

Götz Schrage

 PS: Ich wurde dann von den fünf dunklen Jungs auf ein Getränk eingeladen. Vielleicht mache ich mich mit den neuen Kontakten jetzt selbständig und sperre ein Casino auf in Armenien (oder doch in Georgien?). Egal, erst schau ich einmal nach Vanessa und frage, ob sie sich ein Leben da im Wilden Osten mit mir zusammen überhaupt vorstellen kann. – Schönen Dank noch an meinen lieben Kollegen Marius Gärtner für den Hinweis auf den Vanessa Selbst-Twitter Eintrag. 

PPS: Es gibt ein kleines Update von höchster Brisanz. Kaum verlasse ich das Parkhaus und entere den dritten Stock  vom Montesino läuft mir Vanessa Selbst in die Arme. Das kann kein Zufall sein! Für ein gemeinsames Foto hat es gereicht. – Sehr charmant die Vanessa. 

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