Von gezinkten Karten, unschlauen Zeugen und zwei fast unschuldigen Albanern. – Eine Posse: Teil 1

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Manchmal muss man gar nicht ins Kino gehen um Spaß zu haben. Manchmal reicht es sich durch „Beschuldigten – und Zeugenvernehmungen“ einer anhängiger Strafsache zu ackern, und man liest Dinge, die man in keinem Kriminalroman so glauben würde. Das Leben ist nun mal bunt und das Casinoleben ist manchmal auch dunkelbunt, außerdem kommt es oft anders als man denkt. Wie aus vermeintlichen Opfern, mögliche Beschuldigte wurden. Wie man sich als geladener Zeuge, um Kopf und Kragen reden kann. Wie sich mögliche Betrüger am Kartentisch möglicherweise selbst betrogen haben. Wie chemisch präparierte Karten samt den passenden Kontaktlinsen dazu noch keine Garantie für den totalen Durchblick sind, wenn die angeblich betrogenen Gegner so dreist sind, ihre Karten nicht weit genug aufzufächern. Und wie wenig schlau es ist eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten, wenn man es schafft bei einer Vernehmung als Geschädigter, am Ende im Mittelpunkt eines möglichen neuen Strafverfahrens zu stehen.  – All das und noch viel mehr, lesen Sie im ersten Teil der dieser Kolumne. 

Das Vorspiel, oder das Klischee vom bösen Albaner. Über Teil Eins des Spektakels hatte ich ja im März diesen Jahres einen Text geschrieben. Berat R. und Gani J. mussten sichvor dem Landesgericht Steyr verantworten. Laut Anklageschrift hatten die beiden Kosovaren fast alle denkmöglichen Delikte des verbotenen Geldeintreibens auf ihrer Tanzkarte. Das „Verbrechen der teilweisen versuchten und teilweise vollenden Erpressung“,das Vergehen der gefährlichen Drohung“, „das Vergehen der Nötigung“ und „das Vergehen der  Körperverletzung“ wurde verhandelt. Selbstverständlich waren Berat R. und Gani J. nicht zufällig vor Gericht gelandet, sondern sie hatte auf mit in unseren Gefilden ungewöhnlichem – und zweifelsfrei verbotenem – Nachdruck auf der Zahlung von fünfmal €2000 beharrt. Fünf Personen, die alle dem Palace Steyr zuzuordnen sind, sei es als Dealer, Spieler oder als Mitbesitzer. Berat R. und Gani J. waren selbst ehemals dem Cardroom in ungeklärtem Verhältnis verbunden, sind jedoch – aus welchen Gründen auch immer – aus dem Betrieb ausgestiegen, blieben jedoch weiterhin Gäste des Hauses. Offenbar fühlten sie sich betrogen und wollten ihre Verluste, abseits der üblichen gerichtlichen Verfahren selbst durchsetzen. Das ist selbstverständlich verboten, allerdings wurden beide beim erwähnten Prozess, bis auf eine bedingte Strafe wegen der Körperverletzung frei gesprochen. Das Gericht sah den Tatbestand der schweren Erpressung, der Nötigung und der gefährlichen Drohung für nicht gegeben und somit sind Berat R und Gani J., sicher auch durch die geschickte Verteidigung des Anwaltes Mag. Aschauer, in dieser Hinsicht voll rehabilitiert. 

Gezinkte Karten, Kontaktlinsen und die Güte der guten Informanten – Quasi das Vorspiel zum Vorspiel, oder wie alles dann doch irgendwie zusammenpasst. Es muss Ende letzten Jahres gewesen sein, da bekam ich von einem guten Informanten folgenden Tipp: „In Oberösterreich braut sich was zusammen. Präparierte Karten, Betrügereien am High Limit Tisch und als Folge davon, wird es bald einen Krieg geben in den Casinos.“ Soweit so dramatisch. Jedenfalls hatte ich mich damals ans Recherchieren gemacht. Die Masche mit der speziellen Tinte und den dazu passenden Kontaktlinsen ist ja alt. Erinnere mich an die ersten Gerüchte aus den späten 80er-Jahren. Nach meinen Informationen war das von München aus gestartet und bald auch in Wien gefürchtet. Intern im Jargon auch „Münchner Tinte“ genannt. – Allerdings brachten meine Recherchen keine konkreten Ergebnisse. Von Linz ausgehend, hatte ich all meine Kontakte bemüht und prallte auf eine Mauer des Schweigens. Mehr aus Verlegenheit, brachte ich dann die Kolumne „Showdown in Steyr“, um den Aufwand zu rechtfertigen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich zwischen der Story hinter der ich her war und dem Prozess in Steyr überhaupt keinen Zusammenhang vermutete. Nach dem Motto, wenn ich schon nichts erreiche bei meiner Recherche zu Gezinkten Karten und Münchner Tinte, dann schreibe ich wenigstens etwas zu schwerer Erpressung und Körperverletzung. 

Das Problem mit den Frauen. Warum Betrüger einsam bleiben sollten. – Man kennt das aus Funk und Fernsehen. Der Kommissar ermittelt und ermittelt und nichts geht weiter. Dann meldet sich eine Frau. Meistens eine hübsche Frau mit rauchiger Stimme und langen Beinen und hat was zu erzählen. Und das was sie zu erzählen hat, weiß sie von dem Mann, der einst an ihrer Seite war und so gesehen einen doppelten Fehler gemacht hat. Die hübsche Frau mit der rauchigen Stimme ist weg und die böse Information, die er einst aus Angeberei und Nachlässigkeit preis gab, ist nun Teil der Akten. Wirklich dumm gelaufen. Soweit das große Kino, aber kommen wir back to reality.  – Weder Berat M. noch  Gani J. hatten ihre Geldforderungen bestritten. Nach ihrer Moral, war das außergerichtliche Schadenswiedergutmachung. Vielleicht argumentativ und bei der Wortwahl ein wenig außerhalb des Rahmens, aber in der Sache selbst – so zumindest die Selbsteinschätzung der inzwischen weitgehend freigesprochenen Kosovaren – durchaus zulässig. Im Zuge der Beschuldigtenvernehmungen hatte sich Berat M. auch immer entsprechend erklärt, allerdings sind Polizisten gewohnt, dass Beschuldigte ausufernde Erklärungen zu den strafrechtlich relevanten Vorwürfen liefern und eine gute Story alleine, ändert da gar nichts. Hilfreich zweifelsfrei, wenn sich eine Zeugin meldet, nennen wir sie ab jetzt Anna, um eine freiwillige Zeugenaussage zu machen. 

„Als ich noch mit Anton (Name von der Redaktion geändert) zusammen war, sah ich eines Tages eine rote Schachtel mit Kontaktlinsen in unserer Wohnung.“  – Nochmals zur Verdeutlichung, besagter „Anton“ war bis zu dem Zeitpunkt als Opfer in der Strafsache Berat M. geführt. Anton selbst hatte die Anzeige gegen Berat M. wegen gefährlicher Drohung, schwerer Erpressung und Körperverletzung erstattet und jetzt bekamen die vernehmenden Beamten folgende Aussage zu hören: „Es handelte sich um eine rote Samtschatulle mit braunen Linsen. Sie sahen aus wie normale Linsen. Ich fragte ihn nach der Herkunft und was er, da er keine Sehbehinderung hatte, damit machen will. Er sagte mir, dass er die Linsen um €5000.- vom Herr Schalk (Name von der Redaktion geändert) gekauft hatte. Anton sagte mir noch, dass zu den Linsen noch markierte Karten gehörten, welche sie beim Spiel im XXXXXX verwenden wollten.“ In ihrer weiteren Aussage führt Anna aus, dass sie auch entsprechende Beobachtungen machen konnte und sich schließlich an Manfred (Name von Red. geändert) den Chef des Hauses wandte mit der Bitte dem nachzugehen. Dieser zeigte sich entsetzt und bestritt davon in irgendeiner Weise Kenntnis zu haben.

Wenn Betrüger, Betrüger betrügen. Oder €5000.- sind einfach kein Schnäppchen. Ich muss jetzt sehr  vorsichtig formulieren, weil ich keinesfalls eine Anleitung geben möchte für den einfachen und kostengünstigen Kartenbetrug. Abgesehen davon, werde ich mich in einer weiteren Kolumne bemühen zu erklären, wie man sich vor solchen markierten Karten schützen kann und auf was man achten muss. Trotzdem kann ich mir folgende Anmerkung nicht verkneifen. Besagte „rote Samtschatulle mit braunen Linsen“ kann man im Internet für wohlfeile $200 bestellen. – In meiner nächsten Kolumne mache ich mir Gedanken über den Verlust der lieb gewonnen Ganovenehre, zitiere aus Zeugenvernehmungen von Dealern, die sich bitterlich darüber beklagen, dass sich die Opfer so wenig kooperativ verhalten hatten und man meist „nur die obere Karte“ zweifelsfrei auslesen konnte. Ferner erfahren wir, warum man aufpassen muss, wenn ein schwacher Spieler zeitgleich zu gewinnen beginnt und alle Symptome einer Augenallergie entwickelt.- Für Spaß und Spannung ist also weiterhin gesorgt.

 Götz Schrage 

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