Interview mit Martin Bertschi zum Entwurf des neuen Schweizer Geldspielgesetz

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Bis zum 20. August 2014 können in der Schweiz beim Eidgenössischen Justiz und Polizei Departement (EJPD) Vorschläge zur Vernehmlassung des bisherigen Gesetzesentwurfs zum neuen Schweizer Geldspielgesetz eingereicht werden.

Martin Bertschi (46), Drehbuchautor und Pokerspieler hat diesen Gesetzesentwurf genau studiert und seine Verbesserungsvorschläge an das EJPD gesandt, weil er als Spieler zu wenig Konsumentenschutz und eine Abschottung von ausländischen Pokerangeboten befürchtet. Ein Grund für Hochgepokert, Martin Bertschi zu seinen Vorschlägen zu befragen.

Hochgepokert: Du hast zwei Briefe an das Eidgenössische Justiz und Polizei Departement geschickt, wo du einerseits eine Ethikkommission forderst, und andererseits verlangst du eine abgeänderte Definition bei Geschicklichkeitsspielen. Worum geht es dir konkret?

Martin Bertschi: Als Konsument von Spielen mit Geschicklichkeitsanteil erfährt die Durchführung zu wenig Schutz im neuen Geldspielgesetz. Was passiert zum Beispiel, wenn Karten gezinkt sind und der Urheber sogar ausfindig gemacht werden konnte? Welche Maßnahmen werden eingeleitet? Was kann man vorgängig schon tun um Manipulationen auszubremsen?

Hochgepokert: Hast du ein Beispiel?

Martin Bertschi: Von 2007 bis 2010, wo Pokerturniere außerhalb von Casinos erlaubt waren, hatte ich ein paar Veranstalter entdeckt, welche Buy-ins nicht im Preispool führten. Die Spieler können hier nur mit einem Boykott antworten, weil der Veranstalter zu keiner Transparenz verpflichtet ist. Einmal erlebte ich sogar nach einer Turnierpause, wie ein Dealer ein präpariertes Kartendeck in der Pause zusammenstellte und dann in der nächsten Hand sein Freund am Tisch mit einer ganz komischen Hand plötzlich viele Chips gewann. Die beiden wurden nicht einmal angezeigt. Um hier einen Riegel vorzuschieben, benötigt man sichere Standards, dass zum Beispiel ein Dealer die Karten nicht wie ein Zauberkünstler mischt. Ein Spieler soll faires Karten austeilen nachvollziehen können. Das würde mit einer Zertifizierung durch die Ethikkommission geregelt werden und auch die Spieler würden dann ihre Rechte auf eine ordentliche Durchführung der Veranstaltung kennen.

Hochgepokert: Was würde die Ethikkommission noch regeln?

Martin Bertschi: Zum Beispiel die Suchtprävention. Die Zusammenarbeit der Ethikkommission und den kantonalen Suchtpräventionsstellen wäre dann aktiv. Das heisst zum Beispiel, dass nur verifizierte Spieler an einem Pokerturnier außerhalb der Casinos spielen könnten. Es würde, falls monatlich eine Höhe an Buy-ins überschritten wird, ohne dass dieser etwas gewonnen hat, finanzielle Auskünfte über den Spieler nötig. Diese Regelung würde dann in allen zertifizierten Pokerturnierclubs angewendet.

Hochgepokert: Würde diese Regelung auch die Casinos treffen?

Martin Bertschi: Nein, die haben eine eigene, etwas spezielle Regelung.

Hochgepokert: Was meinst du mit „etwas speziell“?

Martin Bertschi: Mit der jetzigen und auch der zukünftigen Regelung müssen die Casinos ihre eigenen Gäste kontrollieren und in Soziales, Problematisches und süchtiges Spielen einteilen, und sanktionieren. Da beißt sich die Schlange selbst in den Schwanz. Aber das ist eigentlich weltweit üblich.

Hochgepokert: Dann würden auch große Pokerturniere mit hohen Buy-ins in der Schweiz unmöglich?

Martin Bertschi: Nein, Casinos könnten diese weiter durchführen. Ich rede hier nur „kleinen“ Turnieren.

Hochgepokert: In deinen Vorschlägen an das EJPD, erwähnst du nur einmal „Poker“. Einmal steht „Jassen“. Ist das Absicht?

Martin Bertschi: Das neue Geldspielgesetz betrifft auch andere Spiele mit möglichem Geschicklichkeitsanteil gegen reale Spieler, wie zum Beispiel Backgammon, Schach oder unser Nationalkartenspiel „Jassen“. Darum macht es meiner Meinung nach keinen Sinn sich zu „spezialisieren“.

Hochgepokert: Im zweiten Schreiben an das EJPD bringst du den Vorschlag, dass man Geschicklichkeitsspiele welche gegen andere reale Spieler gespielt werden, nicht mehr mit dem Glücksfaktor vergleicht.

Martin Bertschi: Der Grund ist einfach. In einem Spiel gegen andere Spieler auch nur mit kleinem Geschicklichkeitsanteil, gewinnt der Geschicktere mit dem Vorsprung auf längere Dauer und er kann sich verbessern, was bei einem Spiel wie bei Geldspielautomaten oder Roulette gar nicht möglich ist. Mir sind zum Beispiel Backgammonspieler bekannt, die gewinnen in zwanzig Spielen 17x und das regelmäßig. Für ein Spiel mit Geschicklichkeitsanteil ist es also unerheblich, ob der Geschicklichkeitsanteil überwiegend ist oder ein Glücksfaktor zählen soll, wie im Gesetzesentwurf formuliert wird. Bei Bankspielen wie Roulette oder Blackjack ist dies anders. Da ist die Bank der Gegner des Spielers und hat da einen errechneten statistischen Vorteil, welcher schon über hundert Jahre funktioniert. Bei meinen Vorschlägen ist der Gegner jedoch immer ein realer Spieler, wo die Bank nicht mitspielt, allenfalls nur noch Spielbetreiber ist.

Hochgepokert: Dann gehört Poker für dich gar nicht ins Casino?

Martin Bertschi: Ich persönlich gehe nicht mehr in Schweizer Casinos. Das hat mit meiner veränderten Fokussierung zu tun. Es gab eine Zeit, da ging ich bei Langweile ins Casino und verlor. Jetzt wird ein Casinobesuch im Ausland schon Tage im Voraus geplant und meistens gewinne ich dann auch.

Hochgepokert: Aber das gleiche könnte dir ja dann auch passieren, wenn Pokerturniere wieder erlaubt sind.

Martin Bertschi: Nein, dies wäre dann vom Geldspielgesetz her geregelt. Wenn ich aus dem Turnier ausscheiden würde, müsste ich das Lokal verlassen oder könnte allenfalls vielleicht noch einen Sideevent spielen, aber nur dann, wenn die Registrierung innerhalb meiner finanziellen Möglichkeiten akzeptiert wird.

Hochgepokert: Du setzt dich in deinem Vorschlag auch für das Geldspiel im Onlinebereich ein.

Martin Bertschi: Ja aber nur für dieses gegen andere reale Spieler. Mit dem jetzigen Entwurf würde der Onlinepokermarkt vom Ausland abgeschottet und Onlinepokerspieler hätten dann keine Möglichkeit mehr an Turnieren große Summen zu gewinnen. Auch hier will ich eine Trennung von Spielen, welche online gegen andere Spieler um Geldwerte gespielt werden von denjenigen, welche von Casinos angeboten werden. Onlineroulette oder Blackjack, das sollen die Casinos betreiben dürfen und das ist auch deren Kernkompetenz.

Hochgepokert: Wie soll deiner Meinung nach der Online Geldspielmarkt geregelt werden?

Martin Bertschi: Für mich ist die Unterscheidung zwischen Bankspielen und Spielen gegen andere reale Spieler wichtig. Auch die Suchtfrage ist hier ganz eine wesentliche. Suchtpräventionsstellen bestätigen eine niedrigere Suchtanfälligkeit aufs Jassen oder Poker, als bei Geldspielautomaten oder Roulette.

Hochgepokert: Das würde bedeuten?

Martin Bertschi: Mein Vorschlag geht dahin, dass wie gesagt Bankspiele auch von lizensierten Casinos online betrieben werden dürfen. Jedoch die anderen Spiele, welche um Geldwerte gegen andere Gegner gespielt werden, dass diese eine C-Lizenz bekommen sollten.

Hochgepokert: Was würde diese C-Lizenz regeln?

Martin Bertschi: Ein C-Lizenznehmer könnte zum Beispiel ein Pokeranbieter sein, welcher auch im Ausland agiert. Er müsste jedoch eine Schweizer Geschäftsstelle errichten und Schweizer Spieler dem neuen Geldspielgesetz nach behandeln. Auch müsste er dann für die eingenommenen Gebühren in der Schweiz, Steuern bezahlen.

Hochgepokert: Würde dann Onlinepoker ähnlich dem Modell in Frankreich, wo nur noch Franzosen untereinander spielen dürfen, auch für die Schweiz gelten?

Martin Bertschi: Nein, durch die C-Lizenz würden zwar Schweizer Bestimmungen wie die Sicherheit und die Prävention für Schweizer Spieler gelten, sie hätten jedoch die Möglichkeit auf weltweit hohe Turniergewinne.

Hochgepokert: Glaubst Du an eine Chance deiner Vorschläge?

Martin Bertschi: Als das Pokerverbot in der Schweiz über Nacht vom Bundesgericht beschlossen wurde, waren alle geschockt. Aber keiner hat R. Bettio in dieser Sache wirtschaftlich und moralisch unterstützt und es verhindern wollen. Jetzt geht es um ein Bundesgesetz, welches uns als Spieler die nächsten paar Jahre beschäftigen wird, und dazu will ich als Spieler mein Recht auf Äußerung in einer direkten Demokratie auch wahrnehmen.Das können auch andere Spieler welche in der Schweiz wohnen tun, und meine Vorlage auch einreichen, dass sie mehr Gewicht bekommt.

Die Dokumente sind HIER abrufbar.

Hochgepokert: Besten Dank für das Interview.

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