Eine Hand – zwei Meinungen: Thomas Butzhammer vs. Enrico Rudelitz!

0
Thomas Butzhammer (GER)

„Poker nach Lehrbuch“ ist ein geflügeltes Wort. Wieso spielen Profis Hände dennoch so unterschiedlich? Um Einblick in die Denkweise des Profis zu bekommen, haben wir zwei Pros mit der gleichen Konstellation konfrontiert. Dass die verschiedenen Poker-Spieler die Hände zum Teil sehr unterschiedlich spielen, beweisen wir wieder einmal in unserer Rubrik „Eine Hand – zwei Meinungen“. Wir befragten mit Thomas Butzhammer und Enrico Rudelitz zwei bekannte Poker-Profis der Poker-Szene.

Handanalyse der Pros

Eine Hand – zwei Meinungen

Handbeschreibung:

Die folgende Hand spielte sich am Tag 2 des €100.000 Super High Roller Events beim EPT Grand Final in Monte Carlo ab. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch 21 von ehemals 38 Spielern im Turnier. Die Blinds waren 5.000/10.000 mit einer Ante von 1.000 und der Average lag bei 361.904. Besonders erwähnenswert ist, dass Jonathan Duhamel (CAN) mit einem Stack von 1.164.000 Zweiter im Chipcount war und Tobias Reinkemeier (GER) mit 1.004.000 Platz 3 belegte.

Jonathan Duhamel (Small Blind) Jd 9d

Tobias Reinkemeier (Cut-Off) Qc Qh

Es wurde zu Tobias im Cut-Off gefoldet, der daraufhin mit Qc Qh auf 20.000 raiste. Der Button foldete und Jonathan machte die 3-Bet auf 62.000 mit Jd 9d. Der Big Blind foldete und Tobias machte den Call.

Der Flop war Js Ts 7c und Jonathan spielte 63.000 an, die Tobias bezahlte.

Am Turn brachte die 6s. Nun checkte Jonathan und Tobias feuerte 160.000 in den Pot, welche von Jonathan bezahlt wurden.

Am River kam die 8c und nun spielte Jonathan mit seiner Straight 187.000. Daraufhin raiste Tobias auf 500.000. Nach kurzem Überlegen gab Jonathan die Hand auf.

Meinung Thomas Butzhammer:

Thomas Butzhammer (GER)
Thomas Butzhammer (GER)

Tobias raist hier also mit Queens im Cut-off auf 20.000 (2BB), was ein Standard Openraise ist und bekommt die 3-Bet von Duhamel mit J9s auf 62.000 aus dem Small Blind. Die 3-Betsize von Duhamel ist hier sehr gut gewählt. Da Tobi in später Position viele Hände openraisen wird, ist auch die Idee hier zu 3betten gut. Da beide zu diesem Zeitpunkt des Turniers unter den Top 3 im Chipcount sind, wird dies wohl einer der Gründe gewesen sein, warum Tobias die 3-Bet nur geflattet und nicht noch weiter erhöht hat, weil er den Stack nicht preflop reinbekommen wollte. Ein anderer Grund könnte gewesen sein, dass Duhamel bisher auf viele 4-Bets gefoldet hat und er durch den Flat Call lieber alle schlechteren Hände in der Hand halten will.

Auf dem recht drawlastigen Flop macht Duhamel eine Contibet und Tobias callt diese. Auch hier ist es aus Tobi‘s Sicht sinnvoll die Bet nur zu callen, da sich seine Hand im Falle einer 3-Bet schwer weiterspielen lässt und er auf diese Weise viele Bluffs in der Hand behält.

Auf die Blank am Turn entscheidet sich Duhamal für einen Check und Tobi kann sich nach dem Check am Turn recht sicher sein, dass er hier meistens die beste Hand hält und feuert daher 160.000 for Value. Duhamel callt die 160.000 mit Top Pair plus Gutshot. Die Idee hier zu check/callen finde ich gut, da Tobias wohl die meisten schlechteren Hände auf eine Second Barrel folden, aber dafür mit random Floats den Turn als Bluff betten wird.

Wirklich interessant wird die Hand am River, denn mit der 8 kommt die Straße für Duhamel an. Er entscheidet sich hier dazu 187.000 in den Pot zu donken. Die Donkbet gefällt mir in dieser Situation nicht, denn dadurch gibt Duhamel zu viel über seine Hand preis. Er hat hier fast nie eine bessere Hand als die Straße, da er, falls er den Flush am Turn komplettiert hätte, wohl immer noch einmal setzen würde. Besonders gegen einen Spieler wie Tobias, der in der Lage ist hier viele Hände in einen Bluff zu verwandeln, ist die Gefahr einfach zu groß von ihm geraist zu werden. Genau das passiert dann auch am River. Tobias, der sich nach der Donkbet nahezu sicher sein kann, mit seinem Overpair hier so gut wie nie die beste Hand zu halten, verwandelt seine Hand in einen Bluff und raist von 187.000 auf 500.000. Mir gefällt das Raise von Reinkemeier sehr gut, denn er bringt Duhamel dadurch in einen wirklich schwierigen Spot. Tobi kann hier durchaus den Flush oder Q9 zur höheren Straße haben, auf der anderen Seite ist er eben auch in der Lage den guten Spot zu nutzen und einen Move zu machen. Duhamel hätte hier am River wohl am besten check/callen sollen. Wenn er den River donkt, dann bekommt er von Tobi eh so gut wie nie Value von schlechteren Händen.

Es ist schwer zu sagen, ob ich an Duhamels Stelle das Raise gecallt hätte, aber ich denke wenn ich den River schon von vorne bette, dann calle ich auch das Raise, eben aus den oben genannten Gründen. Gegen schwächere Gegner finde ich die Line von Duhamel ok, da würde ich am River einfach donkbetten und auf ein Raise folden.

 

Meinung Enrico Rudelitz:

Enrico Rudelitz (GER)
Enrico Rudelitz (GER)

In der oben genannten Hand kommt es zu einer Konfrontation zwischen Tobias Reinkemeier und Jonathan Duhamel. Beide haben einen sehr komfortablen Stack vor sich stehen und befinden sich in den Top 3.

Ich versuche nun etwas auf die Denkweise/Spielweise der beiden einzugehen und zu erklären, weshalb sie sich möglicherweise in dieser speziellen Situation dafür entschieden haben, die Hand so zu spielen.

Tobias minopenraised selbstverständlich seine QQ  vom Cut-Off. Jonathan entscheidet sich daraufhin für eine 3-Bet (von 20k auf 62k) aus dem SB mit J9 suited (Karo) mit der Intention den Pot entweder schon vor dem Flop oder mit einer Continuation Bet am Flop mitzunehmen. Des Weiteren kann er mit J9 suited einen schönen Flop erwischen und eventuell einen großen Pot spielen. Tobi callt die 3-Bet „nur“ , ich denke nicht nur um seine Hand etwas zu verstecken, sondern auch um den Pot zu kontrollieren.

Der Flop bringt: Js Ts 7c – Jonathan hätte hier checken können, um dadurch den Pot klein zu halten und zu versuchen möglichst billig zum River/Showdown zu kommen.

Er entscheidet sich aber für eine Contibet (63k) ,denn er will den Pot am liebsten gleich hier mitnehmen oder noch Value von Flush oder Straight Draws bekommen.

Reinkemeier callt die C-bet ,denn Duhamel könnte hier voll getroffen haben (Set TT/JJ oder  KK/AKsuited). Er wird also bei einem Raise nur sehr selten von einer schlechteren Hand gecallt.

Der Turn bringt eine 6s, d.h. der Flush Draw kommt an. Jonathan checkt nun auf diese Scarecard, um den Pot zu klein zu halten und den Turn und eventuell auch den River zu callen.

Tobi setzt nun 160k in einen Pot von 267k um Value vom möglichen Flush Draw Duhamel´s  zu bekommen. Er setzt ihn jetzt oft auf Hände wie AJ/AQ/AK mit dem A,K,Q in Pik . Reinkemeier ist sich nun ziemlich sicher, dass er vorne ist, da Jonathan in den meisten Fällen mit einem Set am Turn weiter feuern würde, um ebenfalls Value von Reinkemeiers Flush Draws zu erhalten. Tobias könnte ja auch AJ/AQ/AK mit Pik halten und dann würde Duhamel durch einen Check Value verlieren. Duhamel callt die 160k von Tobias.

Der River bringt eine 8c, wodurch Jonathan Duhamel die Straße macht. Er setzt nun 187k in einen 587k Pot und erhofft sich dadurch natürlich einen Call einer schlechteren Hand. Allerdings wird er hier äußerst selten von schlechteren Händen gecallt und gibt Tobias damit die Möglichkeit zu bluffen bzw. noch mehr Value aus seiner Hand rauszuholen, wenn er einen Flush hat! Deswegen wäre in dieser Situation Check/Call die bessere Variante gewesen.

Tobi raist nun auf 500k (Pot: 774k) und repräsentiert somit den Flush. Er setzt Duhamel wohl auf Hände, die er am River in einen Bluff turnt und mit denen er eventuell am River noch mal versucht den Pot mitzunehmen wie z.B. AK/AJ/AQ . In diesem Fall würde ja auch ein einfacher Call Reinkemeiers reichen um den Pot zu gewinnen. Tobias ist sich aber der Gefahr bewusst, dass Duhamel möglicherweise doch eine Straße/Two Pair/ Set haben könnte, und somit geht er auf „Nummer sicher“ und raist den River, um die besseren Hände zum Folden zu bringen. Außerdem kann er aufgrund des Handverlaufs wunderbar einen Flush repräsentieren.

Ob ich nun an Duhamel´s Stelle gecallt oder gefoldet hätte?

Also erstmal hätte ich höchstwahrscheinlich Check/Call gespielt, wobei man das auch nicht immer so sagen kann, da nur die wenigsten perfekt spielen. Soll heißen: Jeder macht Fehler.

Ob ich nun gecallt hätte ist schwer zu sagen,denn ich war noch nicht in dieser Situation (Super High Roller,TV-Table etc.). Fakt ist, Tobias hat die Hand sehr gut repräsentiert, jedoch ist auch bekannt, dass er viele Werkzeuge zur Verfügung hat und jederzeit in der Lage ist solch einen Move auszupacken.

Da ich ja nun weiß, dass er blufft, hätte ich natürlich gecallt 😉

Bild Quelle: PokerNews, Neil Stoddart, Danny Maxwell

 

 

Hinterlasse eine Antwort

Please enter your comment!
Please enter your name here