Ärger mit dem spanischen Fiskus – Interview mit Hossein Ensan zu massiven Steuerforderungen der spanischen Behörden

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Hossein Ensan erlebte eine böse Überraschung
Hossein Ensan erlebte eine böse Überraschung
Hossein Ensan erlebte eine böse Überraschung

Morgen beginnt in Barcelona der bisher beliebteste Stopp der European Poker Tour, doch so manchem Pokerprofi könnte die Lust auf die Reise in die katalanische Kultmetropole vergangen sein.

Es ist in der Szene zwar schon länger bekannt, dass die spanische Steuergesetzgebung zu den härtesten in Europa zählt – im März hatten wir vom Fall des spanischen Schachstars Paco Vallejo berichtet, der eine halbe Million Euro Steuern nachzahlen muss, nachdem er 2014 (!) online Gewinne von 1 Million erzielt hatte, die er wieder einbüßte… – doch neu ist, dass der spanische Fiskus auch ausländischen Spielern zu Leibe rückt!

Wie sich am Fall Hossein Ensan zeigt, der diesen nun öffentlich gemacht hat, sind tatsächlich auch ausländische Spieler betroffen, die bei Live-Turnieren Gewinne erzielt haben und diese bereits in Deutschland versteuert haben!

Der EPT-Prag-Sieger von 2015 und WSOP-Ring-Gewinner 2017 feierte 2014 seinen bis dahin größten Live-Erfolg: Nach einem Deal mit dem späteren Sieger André Lettau und dem US-Amerikaner Samuel Phillips kassierte Ensan über €652.667.

Einigermaßen unbegreiflich ist der Fall deshalb, weil es zwischen Deutschland und Spanien ein Doppelbesteuerungsabkommen gibt, das eigentlich verhindern soll, dass man zweimal für dasselbe Einkommen zur Kasse gebeten wird.

Hossein Ensan ist nicht der einzige deutschsprachige Spieler, der von Forderungen durch spanische Steuerbehörden betroffen ist, aber der erste, der darüber öffentlich spricht.

 

Interview mit Hossein Ensan von Stefan Hachmeister

Hossein und Stefan
Hossein und Stefan

HGP: Vielen Dank Hossein, dass du dir Zeit für uns nimmst. Das Thema des Interviews sind die Forderungen der spanischen Finanzbehörden, die an dich gerichtet wurden. Vorab möchte ich gern wissen, wie dein Status in puncto Steuerabgaben für Pokergewinne in Deutschland ist.

Hossein: Hallo Stefan, danke, dass du und Hochgepokert mir die Möglichkeit geben, zu den Geschehnissen Stellung zu beziehen. In Deutschland werde ich als Pokerprofi betrachtet und zahle Steuern auf meine Pokergewinne. Mein Steuerberater und ich haben ordnungsgemäß in Deutschland die Steuern für meine Gewinne abgeführt, so dass aktuell keine offenen Forderungen bestehen.

HGP: Nun haben wir gehört, dass der spanische Fiskus von dir Steuerabgaben für deine Gewinne aus dem Jahr 2014 bei der European Poker Tour Barcelona einfordert.

Hossein: Im Jahr 2014 habe ich beim EPT Barcelona Main Event den dritten Platz nach Deal für ein Preisgeld von €652.667 belegt. Davon gingen durch Staking-Deals €100.000, €60.000 und weitere €60.000 an befreundete Spieler. Für die restliche Summe habe ich dann in Deutschland meine Abgaben bezahlt.

HGP: Das heißt, dass die deutschen Behörden die Staking-Deals berücksichtigt haben?

Hossein: Da ich die Staking-Deals schriftlich festgehalten hatte, wurden sie anerkannt und ich musste nur meinen wirklichen Gewinn versteuern.

HGP: Dann kam plötzlich ein Schreiben aus Spanien.

Hossein: 2015 spielte ich wieder den EPT Barcelona Main Event und ich war an Tag 3 sogar in den Top Ten vom Chipcount. Da traten zwei spanische Finanzbeamte wenige Minuten vor Turnierstart an mich heran und fragten, ob ich Hossein Ensan sei. Nachdem ich das bestätigt hatte, verlangten sie, dass ich ein Dokument, das auf Spanisch war, unterschreibe. Ein Freund von mir, der etwas Spanisch konnte, sagte mir dann, dass ich damit bestätige, dass ich Hossein Ensan bin und 2014 die entsprechende Summe gewonnen hätte. Würde ich nicht unterschreiben, müsste ich mit zur Finanzbehörde.

In dem ganzen Stress habe ich dann das Dokument unterschrieben. Anschließend konnte ich mich natürlich nicht mehr auf das Turnier konzentrieren und schied wenig später auch aus. Als ich wieder in Deutschland war, bekam ich ein Schreiben von der spanischen Finanzbehörde, dass ich Abgaben von gut €150.000 zahlen müsste. Daraufhin schrieb ich zurück, dass ich den Gewinn schon in Deutschland versteuert hätte. Ich habe dann auch einen deutschsprachigen Steuerberater in Madrid kontaktiert, was mich einige Tausend Euro gekostet hat.

Er konnte mir dann nur noch sagen, dass ich die Steuern bezahlen müsste und es sich um eine Doppelbesteuerung handeln würde. Dann bekam ich zwei weitere Schreiben, die ich ignoriert habe. Anfang Juli 2018 bekam ich dann ein Schreiben vom Finanzamt in Deutschland, dass ich der spanischen Finanzbehörde mit Zinsen gut €235.000 schulde. Wenn ich die offenen Forderungen nicht bis Ende August 2018 ausgleiche, gäbe es für mich Konsequenzen bis hin zur Kontopfändung.

HGP: Nun soll es ja zwischen Deutschland und Spanien ein Doppelbesteuerungsabkommen geben, greift das in diesen Fall nicht? Was kannst du dazu sagen?

Hossein: Ich weiß auch nicht, wie das genau funktioniert, darum kümmern sich meine Anwälte und Steuerberater. Ich weiß aber von einigen deutschen Spielern, die auch sehr viel in Spanien gewonnen haben, aber keine Post bekommen haben. Ich weiß zum Beispiel, von einem Spieler der seit seinem Gewinn 2014 nicht mehr in Spanien war und somit auch nichts unterschrieben hat und bis jetzt noch keine Forderungen bekommen hat. Es liegt ganz klar an meiner Unterschrift unter dem Dokument.

HGP: Das heißt, dass du dieses Jahr auch nicht zur EPT Barcelona reisen wirst?

Hossein: Ich fahre natürlich aus diesen Gründen seit 2015 nicht mehr nach Barcelona. Das ist sehr schade, da ich Barcelona sehr mag, doch unter diesen Umständen werde ich da nicht mehr hinfahren.

HGP: Du wartest jetzt also ab, was als nächstes passiert.

Hossein: Das Problem ist, dass mein ganzes Geld versteuert auf meinem Konto liegt. Ich habe kein Schwarzgeld, da ich ja alles ordentlich versteuert habe. Damit kann ich im Fall einer Kontopfändung nichts dagegen machen. Mein Geld liegt halt auf dem Konto und nicht unter meinem Kopfkissen oder auf irgendeiner Online-Pokerseite. Außerdem sind das meine Rücklagen für Forderungen des deutschen Finanzamtes für die kommenden Steuerklärungen 2017 und 2018. Das heißt, ich muss an meine Bankroll gehen, um alle zufrieden zu stellen.

HGP: Möchtest du abschließend noch etwas sagen?

Hossein: Ich bin damit an die Öffentlichkeit gegangen, damit meine Pokerfreunde gewarnt sind und wissen, was im Falle eines Gewinnes auf sie zukommen kann.

HGP: Vielen dank für das aufschlussreiche und nette Interview!

Quelle: Hochgepokert

Bildquelle: PokerStars

2 KOMMENTARE

  1. Hi mit Erstaunen habe ich den Artikel gelesen als ich von anderen Spielern angesprochen wurde ob dass sein kann dass hier in Deutschland und in Spanien Steuer anfällt, was ich natürlich aus dem Bauch heraus sofort verneint habe. Auch eine weitere Beschäftigung mit dem DBA Deitschland Spanien läßt mich zu dem Entschluss kommen, dass es eigentlich keine Doppelbesteuerung geben darf. Ohne den Sachverhalt im Detail zu kennen oder irgendwelche interne Informationen zu haben kann ich mir dies nur so erklären, dass der deutsche Fiskus die Einkünfte als gewerbliche Einkünfte einstuft und der spanische Fiskus die Einkünfte in Anlehnung an Sportler und Künstler behandelt. Dies bedeutet dass der deutsche Fiskus von einer Besteuerung in Deutschland unter Freistellung in Spanien ausgeht und der spanische Fiskus von einer Besteuerung in Spanien unter Anrechnung der spanischen Steuer in Deutschland ausgeht. Gerade diese Doppelbesteuerung soll das DBA vermeiden und kann nicht sein. Hierfür regelt Artikel 24 des DBA das Verständigungsverfahren. Hier kann nur hierzu geraten werden. Auch die Frist ist zu beachten (drei Jahre nach der ersten Maßnahme). Dies müssten die Berater aber auch wissen, da diese sonst ein Haftungsrisiko eingehen würden. Außerdem könnte zumindest die spanische Steuer als betriesausgsbe abgesetzt werden um den Schaden zu begrenzen. Hier stellt sich jedoch die Frage der Bestandskraft der entsprechenden Bescheide sowie die Gewinnermittlungsart (Bilanzierung oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung)
    Viele Grüße
    Patrick

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