„Dann muss ich wahrscheinlich weinen vor Glück!“ – Exklusiv-Interview mit WSOP Main Event Finalist Jan-Peter Jachtmann!

0
Jan-Peter Jachtmann (GER)

Heute Abend um 23 Uhr hiesiger Zeit steigt der Final Table des WSOP Main Event und das mit deutschsprachiger Beteiligung! Neben dem Südtiroler Daniel Holzner ist auch Jan-Peter Jachtmann dabei, der elf Jahre nach seinem Titel bei PLO nun nach dem begehrtesten Armband der Pokerwelt greift.

Wenige Stunden vor Beginn des großen Finales stand uns JPJ Rede und Antwort für ein Exklusiv-Interview, das tiefere Einblicke in das bisher sensationell verlaufene Turnier gewährt!

HGP: Elf Jahre nach Deinem Braceletgewinn sitzt Du bei der WSOP wieder am Final Table, und das beim Main Event! Macht Dich das nicht ein wenig sprachlos?

Nach dem Sieg 2012

JPJ: Ja, ich bin natürlich überwältigt! Sprachlos aber nicht…;) War mir gar nicht sicher, ob ich mir das Main Event antun soll, auch wegen den 2-Stunden-Leveln und dann noch NLH! Aber es war wohl irgendwie Schicksal, denn ich konnte ja das 25k PLO Highroller Event der WSOP nicht mitspielen, da ich drei Tage mit fiebriger Erkältung in meinem Hotelzimmer flachlag! Da dachte ich mir, dann gehe ich die Aufgabe Main Event dafür mal richtig an! Alle sprachen hier in Vegas auch schon von einer wahrscheinlichen Rekordbeteiligung, da wollte ich dann dabei sein!

Deine Beziehung zu No-Limit Hold’em war ja ziemlich abgekühlt und Du hast diese Variante kaum noch gespielt. Wie hast Du Dich da ins Turnier hineingekämpft?

Es war in den ersten zwei Leveln, also vier Stunden schwierig. Da habe ich schon mal zwischendurch gedacht, was mache ich überhaupt hier?! Spaß hat es nicht wirklich gemacht…, aber mein Tisch war eigentlich gut, denn es waren nur zwei gute Spieler am Tisch, u.a. Paul Volpe. So hat mich mein Ehrgeiz gepackt und ich habe mich da wirklich reingebissen und auch Geduld bewiesen! Mein erstes Ziel war für mich mal ein Main Event Cash, denn das ist mir in meinen vorherigen sechs oder sieben Teilnahmen nicht geglückt…

Stammgast bei der WSOP

Seit den guten alten Zeiten a la Dan Harrington hat sich bei Hold’em viel getan. Wie schwer war es für Dich, mit den ganzen GTO-gestählten Profis mitzuhalten bzw. wie hast Du Dich darauf vorbereitet?

Gar nicht! Entweder man kann richtig Poker spielen oder nicht! Richtiges Live-Poker ohne irgendwelche Hilfsmittel gegen richtige Gegner, die ich einschätzen und lesen muss! Ich brauche keine Tabelle im Kopf, sondern mache auch so sehr viel richtig in der Bewertung meiner Hand in Verbindung mit meiner Position.

Ab welchem Zeitpunkt hast Du gemerkt, dass bei diesem Main Event richtig was gehen kann?

Am Ende von Tag 4. Am Anfang des Tages fand die Bubblephase statt. Dann waren nach knapp zwei Stunden alle itm. Danach ging es rasant zur Sache und Hunderte Spieler busteten in den nächsten vier Stunden! In der Phase war ich relativ short, konnte aber mit vielen kleinen gewonnenen Pötten weiterkämpfen, um wieder fast im Average zu sein. Dann konnte ich in der letzten Stunde des Tages mit KK vs AK endlich komplett aufdoppeln und noch einen weiteren großen Pott gewinnen. So hatte ich endlich einen guten Stack über Average und bei nur noch 440 Spielern gedacht, da geht es vielleicht noch viel weiter!

Jan-Peter Jachtmann (GER)

 

 

Gab es zu Beginn oder zwischendurch auch mal richtig schwierige Phasen?

An Tag 1 musste ich ziemlich früh eine gefährliche Situation überstehen. Ich habe vor dem Flop mit Fünfen einen Raise gecallt, traf dann auf dem Flop mit 358 ein Set und sah mich natürlich vorn. Auf dem Turn kam ein Ass, worauf mein Gegner gecheckraist hat. Nach meinem Call ging er auf dem River All-In. Hier wollte ich erst callen, so nach dem Motto, wenn er es hat, hat er es eben, habe dann aber gefoldet. Dann zeigte er mir ein geturntes Set Asse, es wäre also schon am ersten Tag alles vorbei gewesen. Durch die Hand bin ich runter auf 21.000 und habe mich dann langsam wieder erholt. Diese Situation so zu überstehen, hat mich ziemlich motiviert.

Jan & Rene Majed

An Tag 7 hatte man das Gefühl, dass du praktisch vom Start weg wie ein Weltmeister getroffen hast. Wie fühlt es sich an, wenn man einen Gegner nach dem anderen vom Tisch nimmt, ständig seinen Stack vergrößert und praktisch stündlich fünfstellige Money Jumps macht?

An dem Tag hatte ich wirklich einen Bombenstart, das gab einen großen Schub Selbstvertrauen. Ich war Big Stack, habe mit Sam Stein einen bekannten Pro vom Tisch genommen und hatte das seltene Gefühl, jetzt klappt alles. Mein Ziel waren aber weniger die durchaus beachtlichen Preisgeldsprünge, sondern viel mehr das Erreichen des Finaltischs.

Jan-Peter Jachtmann & Ismael Bojang

Dagegen lief an Tag 8 lange sehr wenig bei Dir zusammen. Kamen da auch mal Zweifel auf oder bist Du immer zuversichtlich geblieben?

Am achten Tag wurde ich zum ersten Mal nachdenklich und wusste, ich muss jetzt aufpassen. Innerlich war ich etwas unruhig, als es nicht lief, mir war klar, ich muss sehr geduldig spielen, um nicht rauszufliegen. Es waren ja nur noch zwei oder drei Plätze bis zum Finaltisch, da wurde ich dann doch leicht nervös, zum Glück lief es danach wieder solide und normal. Als ich dann ein paar Pötte gewann, konnte ich wieder mehr Mut fassen und ein wenig durchatmen.

Geschafft!

Als Finalist hast Du $900.000 sicher und die Preisgeldsprünge sind atemberaubend. Wo liegt Deine Priorität, Platz um Platz nach oben rutschen und möglichst viel Geld mitnehmen oder zählt ab jetzt nur noch der Titel?

Der Titel ist natürlich das große Ziel. Ich habe aber einen soliden Stack und kann das Ganze mit kontrollierter Offensive angehen, um mir keinen Konter einzufangen. Am Anfang geht es um Platz für Platz, und das werden auch die meisten meiner Konkurrenten so sehen. Unter den letzten Vieren geht es dann nur noch ums Gewinnen. Vorher muss ich aber nicht überdrehen, sondern werde mir meine Spots genau aussuchen.

JPJ im KIng’s

Nach einem solchen Erfolg drängt sich die folgende Frage auf. Wirst Du künftig wieder mehr Hold’em spielen?

Eigentlich nicht. Wenn dann nur noch größere Events, wie einen EPT Main Event.

Und zum Schluss noch diese Frage. Was machst Du als Erstes, wenn Du der erste „Weltmeister aller Klassen“ – PLO und NLHE – bist?

Dann rufe ich meine Frau und meinen Sohn an und zeige Ihnen das Bracelet! Und dann muss ich wahrscheinlich weinen vor Glück….Ich habe meinem Sohn versprochen, mal wieder ein Turnier zu gewinnen, und ihm gesagt, der nächste „Pokal“ ist für Dich Jan-Noah!

Vielen Dank für das Interview und natürlich viel Glück am Final Table! Alle Redakteure und Leser von Hochgepokert drücken Dir die Daumen!

Hinterlasse eine Antwort

Please enter your comment!
Please enter your name here