Kaliforniens deutscher Pokerstar bleibt auf dem Boden!

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Rayo Andreas Kniep (GER)

Rayo Andreas Kniep ist vielen Spieler*innen in Nordkalifornien seit 8 Jahren ein Begriff, dort gehört er bei Turnieren mit mittleren Buy-Ins zu den Regulars. Er fällt an den Tischen nicht nur durch seine farbenfrohe, extravagante Kleidung und das Notebook auf dem Schoß auf, sondern immer wieder durch Top-Platzierungen. Der Pokerwelt dürfte der Berliner mit Wohnsitz in der San Francisco Bay Area seit seinem 18. Platz beim WSOP Main Event 2021, spätestens aber als Vierter im WSOP Millionaire Maker 2023 ein Begriff sein. Trotz mittlerweile über $1,3 Millionen an getrackten Winnings hat der Wahl-Kalifornier nicht vor sein Hobby zum Beruf zu machen. Trotz perfekter Work-Poker-Balance gibt es aber noch eine Sache, die ihm fehlt – sein erster Turniersieg!

Im Rahmen der WPT Rolling Thunder, quasi dem Turnier, bei dem für den Deutschen alles begann, hat Jeff Walsh von worldpokertour.com den Deutschen für ein Feature unter die Lupe genommen, und ihm auch – wie wahrscheinlich schon viele andere – gefragt, ob sich Rayo Kniep nicht vorstellen könnte professionell Poker zu spielen.
Zum Artikel von Jeff Wals geht es hier!

Die Erfolgsstory von Andreas Rayo Kniep

Der Berliner Softwareengineer, der in der San Francisco Bay Area seine neue Heimat gefunden hat, spielt seit 2016 Poker. Seine ersten getrackten Winnings stammen aus Turnieren von 2017, ehe er Anfang 2018 den ersten Durchbruch schaffte. Innerhalb von 6 Monaten hatte er bei 3 großen Events mit herausragenden Resultaten auf einmal $170.000 gewonnen. Zuerst verpasst er zwar als Runner-Up haarscharf einen WSOPC-Ring bei der WSOPC Thunder Valley, gewann dabei allerdings in dem $365 Event $48.503 Preisgeld. Danach war er als Main Event Finalist bei der WPT Rolling Thunder auf einmal kein Unbekannter mehr im Poker. Platz 5 kam außerdem mit weiteren $69.950 Preisgeld und auch das WSOP Main Event 2018 sollte ihm liegen – Platz 173 von 7.874 brachte ihm noch einmal $49.335.

Andreas Kniep – WPT Rolling Thunder 2018

Der Sieg, der (für Kniep) keiner war

Bis zum Gewinn seines ersten Pokerturniers sollten allerdings noch weitere Jahre vergehen. 2021 bei der World Poker Tour DeepStacks Showdown Poker Series im Venetian war es dann endlich soweit. Event #6 sah den Deutschen als Gewinner, was mit $38.607 Siegprämie belohnt wurde. Bis heute zählt Kniep diesen Titel für sich selber jedoch nicht als Sieg, da er Teil eines 7-Way-Deals war.

Noch im gleichen Jahr saß der Berliner an den letzten Tischen des Events, für das er angefangen hatte Poker zu spielen. Er saß zum wiederholten Male im $10.000 WSOP Main Event und cashte nach 2018 auch wieder darin. Doch als 18. von über 10.000 Teilnehmer*innen bekam der Mann mit den ausgefallensten Hairstyles nicht nur einiges an TV-Time, sondern vor allem auch wieder ein Gefühl dafür, wie es ist beiden ganz großen Events am Ende noch dabei zu sein. Diese Erfahrung brachte ihm außerdem $305.000 an Preisgeld ein.

Auch bei seinem einzigen zählbaren Auftritt in Europa landete er am (inoffiziellen) Main Event Final Table: Die WPT Prime Madrid beendete er als 9. mit €10.500 Preisgeld. Seitdem ist er einem Titelgewinn immer wieder nahe gekommen, aber am Ende musste er anderen zur Trophy gratulieren. Gleich 5-mal hatte er zwischen 2022 und 2024 am Final Table eines WSOPC Events seine Finger schon fast an dem prestigeträchtigen Ring – zweimal als Runner-Up, einmal als Vierter und zweimal als Siebter.

Durch den WSOP Final Table auf einmal weltberühmt

Weltweite Bekanntheit erlangte der extrovertierte Berliner mit dem extravaganten Bekleidungsstil mit seiner Performance im Millionaire Maker der WSOP 2023. Nicht nur seine knalligen Kopfbedeckungen und seine ebenso gekleideten Fans an den Rails sorgten für Aufsehen in der WSOP-Berichterstattung, vor allem seine Leistung über alle Spieltage hinweg mit vielen Aufs und Abs – und auch sein Ausscheiden (AA<A2s) – blieb in Erinnerung. Und obgleich ihn viele als den heißesten Anwärter auf die über $1 Million Siegprämie gesehen hatten, war es am Ende „nur“ Platz 4 unter 10.416 Starter*innen. Das Payout von $501.182 machte ihn allerdings tatsächlich auch zum Millionär, zumindest was seine getrackten Pokerwinnings angeht. Derzeit liegen die bei über $1,3 Millionen.

Das letzte zählbare Resultat in seinen getrackten Winnings war ein 5. Platz in Event #20 (WPT Bounty Confidential) der WPT Rolling Thunder vergangene Woche. 

Die perfekte Work-Poker-Balance

Für Kniep stand bereits 2018 im Raum, sich nach den Erfolgen mehr oder ganz dem Poker zu widmen, statt seinem täglichen Job als Softwareingenieur nachzugehen. Doch der Berliner wusste ganz genau, dass Poker Varianz unterliegt, und er nach eigenem Empfinden auf der glücklicheren Seite davon stand. Deswegen trauerte er auch dem verpassten WSOPC-Ring-Gewinn stark nach, da er der Meinung war, so eine Chance nie wieder in seinem Leben zu bekommen.

Seine Pokerleistungen überzeugten ihn jedoch vom Gegenteil! Neben den 6 WSOPC Finaltischen, einem bei der WPT Rolling Thunder und dem beim WSOP Millionaire Maker hat Kniep nicht mehr das Gefühl nur Glück zu haben, sondern ist inzwischen mit seiner Pokerperformance zufrieden. Rückblickend hätte er in der Anfangszeit gerne Dinge anders gespielt, aber im Moment versuche er gut durch die Turniere zu kommen und im Zweifel besseren Spielern aus dem Wege zu gehen.

Mit dieser inneren Zufriedenheit möchte er auch nichts an seiner Arbeitssituation zugunsten des Pokers ändern. Zwischenzeitlich arbeitete er für SpaceX, sollte dafür allerdings permanent nach Los Angeles ziehen, worauf er als Bewohner seiner geliebten San Francisco Bay Area den Job nicht weiterführte. Inzwischen arbeitet er für eine Blockchain Company, fast ausschließlich remote – und auch immer an den Pokertischen. Die parallele Arbeit helfe ihm außerdem dabei, nicht zu viele Hände zu spielen, was er nach eigener Aussage noch tue. Das Notebook am Pokertisch scheint für Kniep auch eine Art Zeichen zu sein, dass Arbeit und Poker so wie sie derzeit sind zusammengehören und ihm die perfekte Balance bringen. Auf beides ist er im Pokerroom voll fokussiert und bekommt in beiden Feldern viel hin.

Das Notebook ist am Pokertisch bei Andreas Rayo Kniep immer dabei – (c) WPT, Drew Amato

Den Fame, der um seine Person seit der WSOP entstanden ist, sieht er gelassen und sagt darüber, dass die kurzen fünf Minuten Berühmtheit in der Pokerwelt ihm nichts ausmachen würden. Die Leute seien normalweise unglaublich freundlich zu ihm, wenn sie ihn erkennen.

Für den Deutschen sei es nach eigener Aussage wichtig, die Priorität auf sein „real life“ zu legen, auch wenn das Verlangen nach dem ersten Pokertitel noch so groß ist. Natürlich sei die Idee für ein, zwei Jahre auszuprobieren professionell Poker zu spielen, immer in seinem Hinterkopf. Doch immer wenn er die Möglichkeit habe länge als eine Woche Poker zu spielen, und dabei nichts gewinne, würde er eine Ahnung von dem Schmerz bekommen, wie es ist auf der „Dark Side“ der Varianz zu sein. Immer, wenn er auf der falschen Seite der Varianz war und sich vom Pokeruniversum nicht gesehen fühlte, war er froh, wenn er zu seinem normalen Leben zurückkehren konnte.

Wir drücken aus Deutschland weiterhin fest die Daumen für den ersten (echten) Turniersieg, bzw. dass beim nächsten Mal AA gegen A2s einfach halten – und für die richtige Work-Poker-Balance!

Andreas Kniep (Foto: PokerGO.com)

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