
Nachdem Schleswig-Holstein die Entscheidung der Ministerpräsidenten über die Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags nicht mitgetragen hat, findet heute im Landtag von Schleswig-Holstein eine Anhörung zum geplanten Glücksspielgesetz statt, das bereits der EU-Kommission zur Notifizierung vorgelegt wurde.
Dieser Gesetzentwurf gilt in der Glücksspielbranche als praktikables Modell, da er einerseits die Vorgaben des Europäischen Gerichtshof erfüllt und damit Rechtsfrieden schafft. Andererseits wird Glücksspielunternehmen unter unionsrechtskonformen Bedingungen die Möglichkeit eröffnet, deutschen Kunden ihre Produkte anzubieten.
Unter europäischen Aspekten ist der Gesetzentwurf von Schleswig-Holstein wegweisend, da die Erfahrungen mit der Regulierung des Glücksspielmarktes aus anderen EU-Staaten berücksichtigt werden. Schleswig-Holstein hat sich für einen Regulierungsansatz entschieden, der das staatliche Lotterieveranstaltungsmonopol sichert, sich den Gegebenheiten in den anderen Glücksspielbereichen aber nicht verschließt.
Im Gegensatz dazu weist das von den Ministerpräsidenten am 6. April 2011 in Berlin beschlossene Eckpunktepapier (hier als PDF) zur Fortführung des Glücksspielstaatsvertrags in eine andere Richtung. Es soll zum Beispiel lediglich sieben Lizenzen für private Anbieter von Sportwetten geben. Das öffnet die Flanke für juristische Auseinandersetzungen.
Denn gegen diese Regelung bestehen erhebliche verfassungs- und europarechtliche Bedenken. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hatte imSeptember 2010 geurteilt, dass ein EU-Land zwar den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit grundsätzlich beschränken darf, wenn damit beispielsweise Spielsucht bekämpft werde. Deutschland würde dieses Ziel jedoch unter anderem durch zu viel Werbung für die Glücksspiele unterlaufen. Auch könne der Gesetzgeber nicht durch eine Vielzahl von privaten Spielhallen eine Suchtgefährdung einfach hinnehmen, stellte der EuGH fest.
Den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs, der den bestehenden Glücksspielstaatsvertrag als unionsrechtswidrig zurückgewiesen hat, wurde mit dem Eckpunktepaier nicht Rechnung getragen. Damit dürfte auch der neue Glücksspielstaatsvertrag vor den Gerichten scheitern.
Andererseits ist das Modell praktisch nicht umsetzbar, da es de facto eine Fortführung des Sportwettmonopols beinhaltet. Massive Werbebeschränkungen, ein weitgehendes Verbot von Live-Wetten, eine hohe Besteuerung, Limits sowie das Verbot von Poker und Casinospielen gehen an der gesellschaftlichen Realität vorbei und machen ein agieren der privaten Unternehmen praktisch unmöglich.
Die Erfahrungen aus anderen EU-Staaten und die Erfahrung der letzten vier Jahre in Deutschland zeigen, dass ein solcher Regulierungsansatz zum Scheitern verurteilt ist. Die beabsichtigte Kanalisierung und Regulierung von bestehenden Märkten wird auch mit den angedachten Internetsperren, gegen die bereits Interessengruppen Sturm laufen, und die schon bisher nicht durchsetzbar waren, nicht erreicht werden.
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Das sagen die Köpfe der Glücksspielunternehmen:


Sven Stiel (PokerStars): „Poker begeistert die Menschen. Ob auf ProSieben oder SPORT1, in der BILD oder bei der DPA, Poker ist längst zu einem Massenphänomen geworden und in den deutschen Wohnzimmern angekommen. Allerdings ist dies nicht jedem bewusst. Dabei sagt eine Zahl doch mehr als tausend Worte: 4.000.000 Deutsche pokern. Die Ministerpräsidenten wollen diesen Markt weiterhin ungeregelt lassen und drängen so jeden Hobbyspieler in die Kriminalität. Schleswig-Holstein hat die Bedürfnisse der deutschen Spieler erkannt und eine realistische Form der Kanalisierung aufgezeigt. PokerStars wird, wie die Beispiele Italien und Frankreich zeigen, unter den ersten sein, die eine Lizenz in Schleswig-Holstein beantragen und diese vollumfänglich umsetzen. Spielerschutz, Arbeitsplätze und Kanalisierung sind mit dem vorgestellten Modell sehr gut zu realisieren.“

Weitere Stimmen …
Stefan Meurer (Tipico): „Ich begrüße den Vorstoß der schleswig-holsteinischen Regierungsfraktionen ausdrücklich. Der Entwurf Schleswig-Holsteins trägt den Auflagen des Europäischen Gerichtshofes hinreichend Rechnung und berücksichtigt aber auch genügend die Interessen und Bedürfnisse aller weiteren Beteiligten. Ziel soll und muss es für alle sein, bestehende und zukünftige sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze nachhaltig zu sichern und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in bestehenden und zukünftigen Shops zu fördern. Im Weiteren blicke ich gespannt auf die gesetzliche Ausgestaltung der stationär angebotenen Wetten. Eine zu starke Begrenzung oder sogar ein etwaiges Verbot einzelner Wettarten orientiert sich nicht an den Bedürfnissen der mündigen Verbraucher und fördert Umsatzabflüsse von Deutschland in das europäische Ausland. Damit wäre erneut niemandem geholfen, da die erhofften Einnahmen am deutschen Fiskus vorbei gingen und nicht zur Förderung des Breitensports und des Gemeinwohls zielgerichtet eingesetzt werden könnten.“
Dr. Norman Albers (Deutscher Buchmacherverband): „Es gibt keine gangbare Alternative zum schleswig-holsteinischen Entwurf. Er ist ausgewogen und verfolgt die gleichen Schutzziele, wie der erneut gescheiterte Staatsvertrag. Der Gegenvorschlag der Länder vom 6. April unterwirft den privaten Buchmacherberuf den Monopolregeln ohne die Sportwetten für uns zuzulassen. Das wird die traditionelle Pferdewette in Deutschland vernichten.“
Norman Faber (Präsident des Deutschen Lottoverbandes): Auch der Deutsche Lottoverband, in dem die gewerblichen Lotterievermittler wie Faber und Tipp24 vertreten sind, setzt sich für den Gesetzentwurf aus Schleswig-Holstein ein. Der Entwurf schafft für uns Rechtssicherheit, da die Vermittlung staatlicher Lotterien nicht unter einen EU-rechtswidrigen, willkürlichen Erlaubnisvorbehalt, ohne klare Kriterien, ohne Rechtsanspruch, gestellt wird. Zudem sieht der Entwurf aus Schleswig-Holstein keine kartellrechtswidrige Zusammenlegung staatlicher Lotteriegesellschaften vor, die das Aus für private Lotterievermittler im Internet bedeuten würde.“








