Im Fall um den bei der Partouche Poker Tour disqualifizierten Ali Tekintamgac wird ein neues Kapitel aufgeschlagen. Diesmal geht es aber nicht um Spielbetrug, Bauernfunk und falsche Blogger. Die Frage lautet, ob der unter Betrugsverdacht stehende Deutsch-Türke im Mai bei der WPT World Championship in Las Vegas starten darf. Ein Ticket hat er in der Tasche.
Wir erinnern uns: Als im September die Partouche Casino Gruppe im französischen Cannes das mit drei Millionen Euro Preisgeld dotierte Main Event der Partouche Poker Tour im No Limit Hold’em veranstaltete, war Tekintamgac dabei. Als Unterstützung hatte er Edmund B. an seiner Seite. Der gab sich als Journalist und Blogger aus, um möglichst dicht an die Spieltische zu kommen, an denen Ali saß. Dann schaute er dessen Gegnern in die Karten.
Sein Wissen soll der falsche Blogger mithilfe weniger Handzeichen an Ali weitergegeben haben. Ein Tippen gegen die Stirn signalisierte einen König, der Griff zum Mund einen Buben, das Ass wurde durch eine Bewegung gegen den Kopf angezeigt. Bauernfunk nennt sich das im Fachjargon. Ali Tekintamgac erreichte wie von Geisterhand geführt den Finaltisch der besten neun Spieler. Damit hatte er 110.000 Euro sicher. Der erste Platz wäre ihm mit 1,3 Millionen Euro versüßt worden.
Das Turnier wurde aber unterbrochen und sollte seine Fortsetzung im November als Live-Übertragung finden. Ein Umstand, der sich für Ali als Fallstrick entpuppte. Die Casinoführung sichtete Videoaufzeichnungen und nahm das Spielsystem von Tekintamgac unter die Lupe.
Als „Poker Ali“ zum Finale wieder anreiste, eröffnete ihm Patrick Partouche, Chef des börsennotierten Familienunternehmens, dass er wegen Falschspiels disqualifiziert sei. Die Beweise lagen da schon bei den Ermittlungsbehörden in Paris. Eric Dehedin, Sprecher der französischen Nationalpolizei, Le service d’information et de communication de la police nationale, bestätigte Hochgepokert, dass ein Ermittlungsverfahren gegen Ali Tekintamgac eingeleitet sei. Danach herrschte Funkstille. Die Partouche Casinos und auch die Staatsanwaltschaft äußern sich nicht mehr zum laufenden Ermittlungsverfahren. Eine erneute Anfrage blieb ohne Ergebnis: „Kein Kommentar.“
Fünf Monate vor Cannes war Tekintamgac beim Event der World Poker Tour in Barcelona ganz vorne gelandet. Platz 1 brachte ihm ein Preisgeld von 278.000 Euro und ein Ticket für die WPT World Championship (wird vom 14. bis 20. Mai im Bellagio ausgetragen) ein. Fachleute nahmen seinen Triumph mit Staunen zur Kenntnis. Langjährige Gambler quittierten das Ergebnis mit Schulterzucken. Gerüchte, dass der Mann aus Augsburg beim Pokerspiel betrügen würde geisterten durch die Casinos.
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Beim Falschspiel erwischt hatte man Tekintamgac schon viel früher – nämlich in Tschechien. Regelmäßig hatte Ali den Süden Deutschlands durchquert und das Kings Casino in Rozvadov angesteuert. Zwischen August und Oktober 2009 landete er bei Turnieren wie programmiert in den Preisrängen. Schon da glaubten nicht wenige die solide Handwerkskunst eines Falschspielers zu erkennen. Das Casino-Management entlarvte schließlich den Betrug. „Bei uns steht Ali Tekintamgac auf der Schwarzen Liste“, sagte Casino-Boss Leon Tsoukernik im Interview mit Hochgepokert. Tsoukernik informierte weitere Casinobetreiber, schaltete aber nicht die Polizei ein. Ein Fehler. Die Namen von Falschspielern werden nicht zwingend zwischen den Spielbanken ausgetauscht. Deshalb konnte Tekintamgac auch ohne Probleme in Cannes starten.
Wann die französischen Behörden ihre Ermittlungen gegen Ali Tekintamgac abgeschlossen haben, ist völlig offen. Ali streitet alles ab. Das bringt die Macher der WPT in eine schwierige Situation. Ali hat seinen Startplatz für die WPT World Championship sicher, steht aber unter Betrugsverdacht. Der Ruf der WPT steht auf dem Spiel. Haley Jones, Sprecherin der World Poker Tour, sagt: „Die WPT hat die Medienberichte um den Ausschluss von Ali Tekintamgac vom Finaltisch der Partouche Poker Tour verfolgt. Die Integrität der WPT Events ist von höchster Bedeutung für unser Unternehmen.“ Aber wird man Tekintamgac starten lassen? Die Antwort bleibt Haley Jones schuldig. „Wir nehmen Berichte über unangemessenes Verhalten sehr ernst“, sagt sie. Über einen möglichen Turnierausschluss äußert sich Haley Jones nicht. Offenbar hofft man bei der WPT auf die Eröffnung eines Strafverfahrens. Dann dürfte Ali nicht in die USA einreisen und der Fall hätte sich von selbst erledigt.
Auch bei der PokerStars Caribbean Adventure auf den Bahamas war der Start von Ali bei der WPT Championship ein Thema. Für Dragan Galic ist eine Teilnahme von Tekintamgac undenkbar, sonst würde Poker „zu einem großen Betrugswettbewerb ausarten, da man keine Konsequenzen zu befürchten hätte“, sagt Galic. Er glaubt, dass Ali juristisch wahrscheinlich keine Strafe zu erwarten hat. „Deshalb müssen wenigstens die Veranstalter für Ordnung sorgen“.
Dagegen mutet die Meinung von Moritz Kranich, der sich im Juli 2010 durch seinen Sieg beim Bellagio Cup VI der World Poker Tour ebenfalls ein Ticket für die WPT Championship gesichert hat, mehr als wundersam an. „Solange er (Ali) alleine spielt, darf er sich gerne an den Tisch setzen. Seine Kollegen sollen halt nicht auftauchen, dann ist es ok.“