Schweiz: Poker blüht in der Illegalität auf

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Die Schweiz erinnert in der Pokerfrage immer mehr an das Chicago der 1920er und 1930er Jahre. Die Prohibition, das Verbot von Herstellung und Verkauf von Alkohol, brachte in den USA die Geschäfte der Unterwelt erst richtig ins Rollen. Männer wie Al Capone wurden durch den illegalen Schmuggel und Verkauf von hochprozentiger Ware reich. Am Ende ging der Staat in die Knie und hob das Alkoholverbot wieder auf. Das ist nun bummelig 80 Jahre her. Seit Capones Zeiten ist also bekannt, dass Verbote mehr Schaden als Nutzen anrichten können, wenn das Verbotene in die Illegalität abwandert.

Um so erstaunlicher, wenn die Zeitung 20 Minuten Online heute schreibt, dass beim illegalen Cash Game in der Schweiz gewaltige Summen verspielt würden. Die Rede ist von Pötten, in denen bis zu 200.000 Franken (rund 155.000 Euro) liegen sollen. Der illegale Rahmen im Milieu, in dem angeblich unter der Hand Kredite vergeben und Drogen gehandelt würden, verstärke die Gefahr abhängig zu werden, zitiert das Blatt einen Suchtexperten der Hochschule Luzern. 20 Minuten titelt entsprechend scharfsinnig: „Poker-Spiele im Untergrund boomen“.

Ja, was den sonst, möchte man fragen. Schlagzeile und Artikel hätte man bereits im Mai 2010 schreiben können, als das Bundesgericht der Schweiz urteilte, dass die Pokervariante Texas Hold’em ein Glücksspiel ist und Pokerturniere dieser Art unter das Spielbankengesetz fallen. Seither dürfen private Turnierveranstalter keine Events mehr ausrichten, bei denen es um Geldeinsatz geht. Nur staatlich konzessionierte Spielbanken dürfen Pokerturniere mit Buy-in anbieten.

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Pokerturniere im Freundes- oder Familienkreis sind dagegen erlaubt. Da die Abgrenzung zu illegalen Veranstaltungen aber schwierig ist, verschwimmen die Grenzen zwischen Legalität und Illegalität immer stärker. Der Ständerat sah dennoch keine Notwendigkeit durch eine gesetzliche Anpassung, eine separate Legalisierung von privaten Pokerspielen zu beschließen.

Ein Vorschlag aus den Reihen der nationalkonservativen SVP (Hochgepokert berichtete), nämlich nicht-kommerzielle Pokerturniere bis zu einem Einsatz von 200 Franken vom Spielbankengesetz auszuklammern und eine Konzession für reine Kartenspiellokale einzuführen, fand bisher keine Mehrheiten in National- und Ständerat.

Unter diesen Voraussetzungen ist zu erwarten, dass illegale Pokerrunden in der Schweiz weiter ihr Publikum finden. Eine effektive Bekämpfung dieses Marktes scheint so gut wie ausgeschlossen. Es fehlt offensichtlich am Präventionskonzept und an Ermittlungsansätzen. 20 Minuten zitiert die Untersuchungs-Chefin der Spielbankenkommission. Andrea Wolfer sagt, dass man bei den Ermittlungen auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen sei.

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