
Kolumnen kann man nicht bestellen. Unmöglich und völlig ausgeschlossen. Käuflich zu erwerben ist ja so manches im Netz, aber als ehrenhafter Autor muss man sich da schon deutlich abgrenzen. Dem modernen User stehen Pizzadienste („Bitte mit doppelt Käse.“), Damen der Nacht („Was magst denn schönes machen Schatzi?“) und astrologisch erfahrene Lebensberater („Sag mir dein Sternzeichen und ich sag dir deine Flirt-Chancen.“) zur Verfügung. Kolumnen on demand gibt es bei mir nicht und wird es niemals geben.
Doch keine Regel ohne Ausnahme, der treue Hochgepokert.com User Sven Liefke (Foto rechts) hat folgende Kolumne geordert. Quasi auf der Speisekarten der schrägen Gedanken und verworrenen Thesen folgendes Menü bestellt: „Facebook – Blaues Sofa – Wolf Wondratschek – und wie das alles doch mit Poker zu tun hat.“ Ich übernehme keinerlei Verantwortung für die folgenden Zeilen. Beschwerden bitte direkt an Herrn Liefke. Den finden Sie auch zur späten Stunde auf Facebook und damit hat eigentlich auch alles begonnen.
Wenn man immer noch nicht genug hat von den Menschen nach einem langen Arbeitstag und der Weg ins nächste Casino dann doch zu weit und beschwerlich erscheint, bleibt uns Pokerspielern der Nacht immer noch Facebook. Irgendwer jammert immer und irgendwem gelingt immer irgendetwas bei einem der vielen Turniere. Markus Golser die Daumen drücken, mit Sandra durch die Sunday Million schwimmen oder Nasr el Nars durch ferne Kontinente begleiten. Bei Facebook ist man immer irgendwie dabei und die jämmerlichen Screenshots von bösen Beats kann man doch ganz schnell wegklicken, als wären sie nie passiert.

Wolf Wondratschek, immer noch eitel wie in alten lyrischen Tagen mit einem neuen Roman. Auch Literatur muss verkauft werden und wer es auf das ZDF-Sofa schafft liegt da gut in der Chance. Ich notiere mir den Titel auf einem nachlässig geöffneten Dokument, werfe einen suchorientierten Blick auf die „Neuigkeiten“ bei Facebook und sehe in dem Moment wie Sven Liefke seinen Kommentar zur Sendung gibt. Ich bin also nicht alleine, es gibt also noch zumindest einen zweiten bibliophilen Bruder im Geiste da draußen in den unendlichen Weiten des Netzes. Großartig, ich fühle mich gleich ein wenig weniger einsam und satt bin ich auch.
Was das alles mit Poker zu tun hat und wie ich diesen Text rechtfertigen möchte vor dem großen Floorman da oben? Nun, alles hat mit allem zu tun. Irgendwie zumindest. Wer glaubt mit seinem Wissen um Odds und Outs gut genug gerüstet zu sein für den steinigen Weg zum Pro, dem gratuliere ich zum sonnigen Gemüt und wenn die Eltern noch reich sind, kann das später definitiv auch nicht schaden.
I
Bin dann am nächsten Tag sofort in die Buchhandlung. Tatsächlich, da lag es gleich an prominenter Stelle. Ein edler Einband. „Das Geschenk“ – Wolf Wondratschek. Für mich ein problematischer Autor. Jahrelang hielt ich ihn für einen Blender, von dem ich mir keine Lebenszeit stehlen lassen wollte. Jetzt fühle ich mich irgendwie reifer und milder und was früher nach peinlicher Lyrik schmeckte passt heute harmonisch in meine Welt der Gefühle. Ich stand da in der Buchhandlung und schlug eine Seite auf. Einfach willkürlich und ohne Plan. Literarisches Roulette zur Entscheidungsfindung in gewisser Weise:
„Chuck war pleite, und auf der hohen Kante hatte er auch nichts, aber Sorgen machte er sich deshalb nicht. Es war ihm egal. Es war ihm das Geld, das er nicht hatte, so egal wie das Geld, wenn es hereinkam. Aber es rächte sich, Geld spürt, wenn man es nicht mag“.
Gekauft. Auf der Stelle gekauft und gleich im Gehen gelesen. Gelernt habe ich zwei Dinge ganz sicher. Man ist nie so alleine, wie man sich manchmal fühlen mag und man sollte die Gefühle des Geldes respektieren. Chuck ist wie ich und das nächste Mal stelle ich es schlauer an. Sollte ich mal wieder die Taschen voller dicker Scheine haben wie in alten Zeiten, werde ich mich bemühen, Geld ein wenig wichtiger zu nehmen. Tief im Inneren wird es mir zwar egal sein wie immer, aber ich muss mich wohl ein wenig verstellen. Quasi gute Miene machen zum bösen Mammon und gut ist es. Der Rache des Gelds muss man besser ausweichen. Und wenn einem das nicht gelingt – auch egal.







