Keine Rezension und kein Erfolg an der Bar – Udo Gartenbach und der Wiener Frieden

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„Es ist keinesfalls besser, reich an Missgeschicken zu sein, als arm an Erfolgen“ – Udo Gartenbach

Manchmal spüre ich den Rudi Völler in mir. Tief in meinem Inneren brummt und rumort es und irgendwann platzt mir gnadenlos der Kragen. Dann müssen wieder alle Flieger am Boden bleiben bis sich die Asche gelegt hat. Bierbäuchige Urlauber sitzen im Flughafenrestaurant und trinken Bier und Jürgen Drews bleibt ein König ohne Volk und singt alleine. Kürzlich war es wieder soweit nach einer gröberen Niederlage und weil es im Bett so gar keinen Spaß macht, wenn man nicht schlafen kann und den Kopf voller Bad Beats hat ging ich noch auf ein Getränk. Dorthin wo die Musik richtig laut ist und die Kellnerinnen wirklich hübsch. Den teuersten Whiskey, weil es auch schon egal ist mit viel Eis. Wer sein Geld schon verloren hat, muss sich um seinen Ruf keine Sorgen machen. Nach dem Prinzip lässt es sich schon mal ein wenig daneben benehmen. Das tut gut und man fühlt sich vielleicht nicht unbedingt besser, aber zumindest ein wenig weniger schlecht. Immerhin.

„Bist du Pokerspieler? So richtiger meine ich?“ fragte mich die zweifelsfrei richtig hübsche Kellnerin. „Klar bin ich das. Richtiger Pokerspieler“ antwortete ich und zupfte mein durch die Wirren der Nacht deutlich ramponiertes Pokerstars-Hemd zurecht. „Und kennst du auch prominente Spieler?“ – Das ist mein Thema und ich legte los. Erzählte von verflossenen Nächten mit Devilfish, erwähnte mehrfach meinen alten Kameraden Jeff Lisandro. Vergaß selbstverständlich nicht zu betonen, dass Tony G. seinerzeit für mich gearbeitet hatte (und nicht umgekehrt) und tastete mich über Jan Heitmann, Martin Kläser, Marc Gork so langsam in die Jetztzeit, um dann mit dem protzigen Satz: „Jetzt schreibe ich für die Hochgepokert.com, die beste Pokerseite und fürs Pokerblatt das beste Pokermagazin“ abzuschließen. „Du schreibst auch über Poker, dann kennst du sicher den Udo Gartenbach. Den liebe ich. Der ist so feinsinnig und gebildet und trotzdem muss ich immer lachen. Warte kurz, ich hole nur was.“ – Und dann war sie fort und ich alleine an der Bar, wenn man von den anderen einsamen Männern absieht, die wohl auch irgendwie verloren hatten in dieser Nacht oder darüber hinaus. ICH bin der amüsante Feinsinnige! Udo ist der trinkende Gutaussehende. So hatten wir das beim Wiener Frieden im vergangenen Herbst extra vereinbart. Und genau diesen Frieden werde ich bald wieder kündigen. Der feine Gartenbach drückt sich und schaut Golden Girls, während ich Woche für Woche die Drecksarbeit mache. Ich schreibe über die Kandidaten, Udo turtelt mit den Kandidatinnen und einmal mehr habe ich das Gefühl irgendwas läuft schief in meinem Leben und das massiv.

Auch diese Woche habe ich mich der Herausforderung gestellt und es begann  alles recht vernünftig. Vor George Danzer habe ich aufrichtigen Respekt und blaue Hemden zu dunklen Hosen gefallen mir. Sandras Make Up war wunderbar dezent und gleichzeitig ein wenig spektakulär. Ein Hauch asiatisches Blau um die Augen, eine Grundierung wie der frischeste Pfirsich die Welt und der Lippenstift frechrot, aber gut frechrot. – Soweit reichen Notizen und Erinnerung. Danach muss irgendwas Traumatisches passiert sein. Irgendwas mit Blumen, einem Ring, Luftballons und einem Heiratsantrag vor laufender Kamera. Unfassbar! Die tapfere Monika Lierhaus konnte damals einfach nicht weglaufen, die hat es schwer genug. Aber ein junger gesunder Mensch wie diese Johanna hat da keine Ausreden und by the way Fotomodell ist auch kein Beruf, sondern ein Zustand. Wie auch immer es war so peinlich und ich musste irgendwie hinsehen wie man bei einem Unfall auf der Autobahn hinsehen muss. Nur schlimmer. In der Jugend hatte ich einen Kollegen, der war am Skikurs beim Onanieren unter der Dusche erwischt worden und gestern wollte ich zum ersten Mal tauschen. Lebensmäßig und so. Und weil das so ekelig war habe ich dann nicht mehr zugesehen und bin was trinken gegangen wie erwähnt. Ist jetzt auch egal. Nächste Woche werde ich wieder funktionieren wie ein Schreibroboter und alles zum Finale von „Pokerstars.de sucht das PokerAss“ schreiben was es zu schreiben gibt.

Die richtige hübsche Kellnerin ist nach einiger Zeit wieder gekommen mit einer dicken abgewetzten Kellerinnenbrieftasche voller Zetteln, Taxirechnungen und kleinen Geldscheinen. Irgendwie hatte sie dann dieses kleine Pappkärtchen hervorgekramt, kurz Luft geholt und mit wichtiger Miene vorgelesen: „Es ist keinesfalls besser, reich an Missgeschicken zu sein, als arm an Erfolgen“ und nach einer kurzen Pausen setzte sie ein glucksendes: „Und dann habe ich das Gefühl der Udo kennt mich“ hinterher. – Das war es dann für mich. Meinen Namen hat sich die Kellnerin wohl nicht gemerkt und Fotomodell Johanna und ihr exhibitionistischer Verlobter werden wohl auch nicht meinem unvorhandenen Fanclub beitreten. Egal! Auf der Bar lag eine Zeitung und ich habe dann noch schnell ein Bild gemacht, weil es irgendwann auch reicht. Vielleicht überdenke ich den Wiener Frieden noch einmal. Dass mir Udo Gartenbach meine Kellnerinnen verdirbt ist schlimm genug, den Sommer muss ich mir nicht auch noch ruinieren lassen. Irgendwann ist dann auch gut.

G.Schrage

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