Der Fall Freitez – Die großen Schuhe des Thomas Kremser – User-Schelte VII

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Manche Menschen möchten nicht gemocht werden und dann wird es schwer. Wie will man jemanden sozialisieren, dem egal zu sein scheint, was die Gesellschaft von ihm glaubt halten zu müssen. Ivan Freitez ist definitiv ein unsympathischer und schmutziger Spieler. An die dreißig durchwegs negative Kommentare sind durchaus repräsentativ und durchaus verdient (bis auf einen, aber dazu später mehr). Ich werde Ivan Freitez wohl nicht verteidigen, auch wenn es eine durchaus reizvolle Aufgabe wäre, aber ich werde versuchen mich dem Typus Freitez – und den gibt es in jedem Casino – ein Stück weit erklärend anzunähern. Beginnen möchte ich allerdings mit zwei Komplimenten. Einmal an meinen Kollegen Tobias Falke. So jung und schon so ein routinierter Hund. Da wähnt man sich schon als Opfer der sauren Gurkenpokerzeit und „Tobi“ packt aus dem Nirgendwo den „Fall Freitez aus“. RESPEKT! – Und selbstverständlich ein dickes Kompliment an meinen Freund Thomas Kremser. Beherrscht im Ton, bestimmt in der Sache und perfekt in der Entscheidung. Zusätzliche Bonuspunkte für die Ugly-Bemerkung. Für eine Millisekunden hätte man fast meinen können, Thomas Kremser würde jetzt auch den guten Casinoton vergessen (wie ich ständig) und die berühmte Contenance verlieren. – Aber eben nur für einen flüchtigen Moment.

Den eigentlichen Move brauche ich an dieser Stelle nicht nochmals beschreiben. Den kann sich der geschätzte Leser mit Bedacht und Ruhe selber zu Gemüt führen. Auf den Punkt gebracht, Ivan Freitez inszeniert ein scheinbares Missverständnis durch ein indifferentes Announcement. Damit zwingt er die Turnierleitung in eine unfreiwillige Komplizenschaft und manipuliert mit seinem vermeintlichen „Call“ und der zu erwartenden Entscheidung – nämlich das zuerst annoncierte Raise als verpflichtend und bindend zu werten – seinen Gegner entsprechend. Zweifelsfrei grob unsportlich, aber anderseits auch entsprechend harmlos. Es mag schon dümmere Gewinner eines EPT-Events gegeben haben, aber viele fallen mir da nicht ein. Nehmen wir es doch als Betriebsunfall und versuchen wir das Positive zu sehen. Altruistische Berufsoptimisten wie einer meiner, sind immer bereit jeder Casinokreatur einen wertvollen Platz im Plan der Großen Floormans da oben zuzugestehen. Von der höchst kreativen und ständig auf neue Art stehlenden und betrügenden Kellnerin habe ich ja schon an anderer Stelle erzählt. Jedenfalls waren wir so schlau dieses Juwel an Unkorrektheit monatelang nicht zu feuern. Sie hat eine Lücke gefunden und wir haben sie geschlossen und sie hat eine neue Möglichkeit gefunden für einen neuen Kleinbetrug und wir haben wieder hinterher gearbeitet. Bis wir irgendwann ziemlich „safe“ waren im System. Andere Firmen müssen dafür monströse Honorare an Gastro Consulting Firmen abdrücken. Uns hat das seinerzeit geschätzte drei Paletten Red Bull, hundert doppelt gedrückte Cappuccinos und fünfzig selbst mitgebrachte Teebeutel gekostet. Also quasi nichts für eine Menge Erkenntnis.

Doppelt schade, dass Thomas Kremser aktuell nicht mehr für die EPT zuständig ist. An seine Methode zu arbeiten erinnere ich mich mit Freude zurück. In der gemeinsamen Concord Zeit hatten wir auch unseren Ivan Freitez, nennen wir ihn „Sadri“. Abseits des Spieltisches ein durchaus netter Junge, beim Spielen allerdings eine Kreatur vom feinsten und mit allen schmutzigen Wassern gewaschen. Wenn es also galt bei einem der Floorman-Meetings über regeltechnische Punkte zu diskutieren und wir nach langem Hin und Her einig waren die de facto perfekte Formulierung gefunden zu haben, hob Kollege Kremser seinen gewichtigen Zeigefinger und sagte zumeist: „Moment meine Herren, ist diese Regel dann auch „Sadri-sicher“? Betroffenes Schweigen und dann gingen wir nochmals in die Runde des Feintunings und manchmal war es dann spät in der Nacht, bis wir unserer Sache sicher waren und keine Sorge mehr haben mussten, als ohnmächtige Komplizen eines Regelmissbrauchs instrumentalisiert zu werden . – In diesem Sinne mein Appell an das Nachfolge-Team bei der EPT. Mögen die Schuhe vielleicht anfänglich ein wenig groß sein, es bleibt immer noch der kleine Dienstweg unter Kollegen. Thomas Kremser hat sicher bereits die richtige Medizin. Regeln sind keine verkrusteten Salzwüsten, sondern immer in vitaler Bewegung. Der nächste „Raise – I mean Call Spieler“ wird dann hoffentlich zum Opfer seines Planes. Vielleicht wäre es „sexy“ den Gegner entscheiden zu lassen, welchen Move er aus dem doppeldeutigen Announcement präferieren würde, bevor man den Pokerhalunken auf zwei Runden weg vom Tisch scheucht.

Zuletzt fallen mir doch noch ein paar mildernde Gedanken zu Ivan Freitez ein und wieder einmal muss ich für einen unserer Leser fremd schämen. User „Regulator“ kommentiert den Clip mit dem Satz: „Bringt ihn auf eine Insel in Norwegen – diese Ratte“. Mal abgesehen vom hilflosen Satzbau und der grammatikalischen Unsicherheit, „ihn“ gefolgt von „diese Ratte“, eine äußerst geschmacklose und unentschuldbare Bemerkung. Bei meinen Partien bekäme Ivan Freitez eine deftige Abmahnung und einen digitalen Englischkurs, User „Regulator“ bekäme langfristiges und gnadenloses Hausverbot. – In diesem Sinne hoffe ich, dass die „Freitez-Lücke“ in der sonst so erstklassigen EPT-Regulatur  geschlossen wird und alles ist wieder ein Stück weit besser. Vielleicht fallen Ivan Freitez noch ein paar winkelige Moves ein und vielleicht straft das Göttin Fortuna dann auch prompt mit ein paar bösen Beats. In diesem Sinne, alles dreht sich, alles bewegt sich und alles wird immer perfekter und besser. Gäbe es die Freitez dieser Welt nicht, wäre es auch ein wenig langweilig. Irgendwie zumindest.

Götz Schrage

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