
PROLOG: Kürzlich in einem der kleinen semilegalen Casinos. Es war weniger als nichts los. Die Kellnerin tippte etwas in ihr Handy, der Dealer hatte die Beine hochgelegt. Der Hausspieler dachte über sein Leben und die letzten vierundfünfzig bösen Karten am River nach, der Floorman schielte heimlich nach dem Automaten und der einzige echte Gast, saß schon längst vor Chips deren bargeldmäßiger Gegenwert definitiv noch ein zu bringender war. Und dann kam ich durch die Tür und alles änderte sich. Die Kellnerin schepperte mit leeren Aschenbechern, der Dealer zupfte sein Hemd zurecht und ließ die Karten flirren. Der Floorman ließ den Blick vom blinkenden Automaten und der einzige Gast sah plötzlich wieder Licht am Horizont und das Licht war ich! Ich will ein Hai sein und kein Opfer. Ich will, dass man sich fürchtet und nicht freut, wenn ich komme. Ich will, dass man den Tisch schließt und die Flucht ergreift. Ich will so vieles und Alex Meidinger wird mein Leben ändern. – Das hoffe ich zumindest.
DAS DRAMA: Ich bin ein No Limit-Dümmling und weiß es. Ich spiele Cashgame und Turnier wie ein Mädchen und kann es nicht ändern. Ich sitze da vor schrumpfenden Chips stundenlang, bis ich dann schließlich mit einem halben Ante allin gehe, weil der Dealer mich zwingt. Gäbe es richtig Geld für Platz 23 wäre ich Millionär. Ganz manchmal, wenn ich achtmal die Asse gegen die Könige spielen darf und achtmal gewinne, schaffe ich es bis zum Finaltisch. Dann verliere ich einmal mit As-König und werde mit enorm viel Glück Achter. Beim NL Cashgame läuft es auch nicht viel anders, abgesehen davon, dass ich prinzipiell kein NL Cashgame spiele, wenn man von den drei wöchentlichen Ausnahmen absieht. In der Regel lockt man mich mit einer angekündigten „Limit-Partie“. Das ist mein Spiel, das habe mein halbes Leben höchst profitabel gespielt. Unglücklicherweise vergaß ich dabei in den Limit-Riesterrententopf einzuzahlen. Trotzdem lockt man mich immer noch damit. „Nächsten Donnerstag/Freitag/Samstag/Sonntag haben wir eine schöne Limitrunde. Kommst du?“ und dann komme ich und alle Gegner haben eine Entschuldigung, oder Windpocken, sind überraschend in Schubhaft oder tot und wieder ist nichts. Ausnahmen bestätigen die Regel. Kürzlich lief in der Wiener Pokerworld ein stabiler 40/80€ Limit 7 Card Stud Tisch. Angst hätte ich keine gehabt, die notwendige Bankroll allerdings auch nicht dabei. Mit diversen Kleinbeteiligungen war ich dann zwei Tage später entsprechend gerüstet. Inzwischen war der Tisch auf 100/200€ umgestellt, um sich dann noch live auf 150/300€ zu steigern. Ich habe dann den NL-Tisch gespielt. Und ich habe gespielt – richtig geraten – wie ein Mädchen.


Götz Schrage
PS: Kleines literarisches Postskriptum. Mir fällt da gerade eine kleine Geschichte aus Friedrich Torbergs „Tante Jolesch“ ein. Ähnliche Situation wie bei meiner Einleitung. Nur handelt es sich nicht um ein kleines semilegales Casino, sondern einen verruchten Nachtklub der Zwischenkriegszeit. Zwei Freunde – unter Ihnen der legendäre Wiener Anwalt Dr. Sperber – betreten den besagten leeren Nachtklub. In dem Moment beginnt die Musik zu spielen, die Kellner polieren die Gläser. Eintänzer wiegen sich zur Melodie und die Barfrau rückt ihr Dekolletee zurecht. „Ich möchte wetten die Abortfrau sitzt am Häusl und gackt“ bemerkt Dr.Sperber trefflich und passend. – In diesem Sinne gelobe ich ein kleines spaßiges Gewinnspiel aus. Jeder Hochgepokert.com Leser, der mich bei einem meiner hilflosen Sit and Go Versuche aus dem Turnier nimmt, bekommt ein Exemplar von „Tante Jolesch“ geschenkt. Einfach die Handhistory mit der entscheidenden Begegnung an [email protected] schicken. Wer Probleme mit der Handhistory hat, fragt am besten einfach den Inder.







