

Poker ist im Arsch. Nobel ausgedrückt. Zeiten ändern sich nur schwer und die Erfolgsstory ist leider auch vorbei. Wenn das Image von Start so sehr im Eck ist wie bei unserem liebsten aller Kartenspiele, hätte die Weste immer weiß bleiben müssen und die Zahlen weiterhin nach oben gehen, weil Erfolg macht sexy. Eine Teilschuld trifft sicher die weltweite Pokerszene. Wenn man an all die Skandale und gierigen Lemuren denkt wie Lederer und Ferguson, kann einem einerseits selbst übel werden und andererseits, kann man es keiner Behörde verübeln, mit Vorbehalten an die Akte Poker zu gehen. Was man ihnen allerdings definitiv vorwerfen kann ist die Unverhältnismäßigkeit. Man müsste es ja fast auf einen Versuch ankommen lassen. Bad Hersfeld ist dank des Skandals um die Arbeitsbedingungen bei Amazon in aller Munde. Würde man jetzt in der größten Gaststätte der Stadt unter Patronanz von Eddy Scharf ein €100 NL Holdem freeze out Turnier veranstalten, kommen neunzig Spieler und hundert Polizisten. Treffen sich in Bad Hersfeld neunzig Mitarbeiter der Firma H.E.S.S-Security (kein Scherz, die heißen wirklich so) in Thor Steiner-Sweatern, um schwarz gebrannte „Landser“-CDs zu tauschen, interessiert das niemanden. Poker ist vom Image so im Arsch (ich wiederhole mich), dass wir selbst die Glatzen um ihr „standing“ bei den Behörden beneiden sollten. (Sollte sich einer der ungebildeten Idioten über Google-Stichworte hierher verirren, „standing“ ist „Besatzersprache „und steht für Ansehen/Bedeutung.)

Aber kommen wir zurück zu Eddy Nationale. Er wird wohl in die nächste Instanz gehen und wir werden ihm die Daumen drücken. Es wäre ja zumindest nicht ganz auszuschließen, dass die nächste Ebene der Judikatur mehr Interesse an der realen Sachlage zeigt. Desto tiefer sie bohren, desto konsequenter sie ermitteln und ermitteln lassen, umso besser für Kollegen Scharf. Die Daumen sind gedrückt und statt „chip and chair“ braucht Eddy, gutes Geld und einen guten Anwalt. Sonst muss er halt zurück hinter den Steuerknüppel. Für mich vielleicht die Chance meines Lebens. Als Aviophobiker werde ich ja schon nervös, wenn ich Flugzeuge von der Ferne sehe, aber wenn ich mich schon so einem technischen Ungeheuer anvertrauen müsste, dann bitte mit Eddy Scharf als Chefpiloten. Vielleicht lässt er mich dann neben sich in der Kanzel sitzen. Ich würde die Augen ganz fest schließen und all die netten Pokerstorys erzählen, die wir teilweise gemeinsam erlebt haben. Würde über die spannenden Gestalten der Pokerszene sprechen, die wir gemeinsam gekannt haben und über den Spaß, den man über Jahrzehnte am Tisch hatte. Spätestens, wenn man die Silhouette von Las Vegas über der Wüste sieht, wird der Eddy sagen: „Du was ich da in Rozvadov gesagt habe, von wegen, ich hätte niemals mit dem Pokern angefangen, wenn ich das mit dem Gericht geahnt hätte, war einfach nur dummes Geschwätz.“ – „Ich weiß“ würde ich antworten und dann würde ich die Augen wieder aufmachen und wäre dort wo ich hingehöre.
Götz Schrage
PS: Fein säuberlich abgetrennt gibt es jetzt Kollegenlob vom feinsten. Jens Knossalla ist wirklich ein Klassemann. Die Gabe locker aus dem Mundgelenk zu plaudern und jede aufkommende Lücke möglicher Langweile mit Esprit und Witz wegzuzaubern, wurde von mir oft genug von gewürdigt und gefeiert. Was mir allerdings noch zusätzlich imponiert und Jens zu einem großen Kollegen macht, ist dieser Tempowechsel. Frei von Eitelkeit und Selbstdarstellung mutiert der Konssalla zum reinen Mikorphonhalter, wenn er merkt, der Gesprächspartner ledert los. Dann ist er ganz still und genießt die Show. Respekt für diese Gabe.








