Die neue Pokersteuer: Das Aus für Online-Poker in Deutschland?

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Ende letzten Jahres gab es Hoffnung. Nach langer Hängepartie einigten sich die Länder auf einen neuen Glücksspielstaatsvertrag, der u. a. Online-Poker nach Jahren der Kriminalisierung endlich legalisieren sollte. Doch mit der geplanten Pokersteuer, die ab 1. Juli 2021 gelten soll, hat das seriöse Online-Poker in Deutschland wohl keine Zukunft mehr. Der Grund ist so einfach wie brutal. Den regulierten Anbietern bleibt nur die Wahl, sich oder den Spielern die marktfähige Grundlage zu entziehen.

Wie soll die Poker-Steuer aussehen? Und was sind ihre Konsequenzen? In diesem Artikel erfahrt Ihr alles, was Ihr zum Thema wissen müsst.

Der Gesetzentwurf des Bundesrats vom 26. März 2021 

Seit drei Wochen liegt ein Gesetzentwurf des Bundesrats zur Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes vor, der demnächst dem Bundestag zur Verabschiedung vorgelegt werden soll. Obwohl der Name es zunächst nicht erkennen lässt, wird darin auch Online-Poker und dessen künftige Besteuerung geregelt.

Unter anderem heißt es darin (§ 46), dass virtuelles Pokerspiel (also Online-Poker) künftig einer Online-Pokersteuer unterliegen soll.

So weit, so gut. Wirklich interessant und leider auch ziemlich abwegig wird es dann aber, wenn man den folgenden Paragraphen 47 liest. Dort heißt es:

  • 47 Bemessungsgrundlage

(1) Die Online-Pokersteuer bemisst sich nach dem Spieleinsatz abzüglich der Online-Pokersteuer. Der Spieleinsatz umfasst sämtliche Aufwendungen des Spielers zur Teilnahme am Online-Poker nach § 46. Hierzu gehören insbesondere der Betrag, den der Spieler bei Beginn des Spiels zum Setzen zur Verfügung hat, sowie alle sonstigen vom Spieler an den Veranstalter oder dessen Beauftragten zur Teilnahme bewirkten Leistungen. Werden während des Spiels weitere Beträge zur Verlängerung des Spiels eingesetzt, gelten diese zu dem Betrag zugehörig, den der Spieler bei Beginn des Spiels zum Setzen zur Verfügung hat.

(2) Ein Spiel beginnt am jeweiligen Tisch, wenn der Spieler seine erste Karte am Tisch erhält. Das Spiel endet mit dem Verlassen des Tisches.

(3) Wird Online-Poker als Turnier veranstaltet, umfasst ein Spiel abweichend von Absatz 2 die gesamte Turnierteilnahme vom Beginn des Spielens am ersten Tisch bis zum Ausscheiden oder Gewinn des Turniers.

In Paragraph 48 wird dann auch noch der Steuersatz geregelt:

Die Online-Pokersteuer beträgt 5,3 Prozent der Bemessungsgrundlage nach § 47.

Was bedeutet das?

Zum Verständnis muss vorweg angemerkt werden, dass die Pokersteuer vom Anbieter abgeführt werden soll. Klar ist damit auf den ersten Blick auch, dass die Gebühren, die die meisten Anbieter bei jedem Turnier oder einem Pott maximal einkassieren, kaum reichen werden, um die Steuern zu begleichen.

Umgekehrt bedeutet dies, dass die Gewinne der Spieler reduziert bzw. die Gebühren erhöht werden müssen. Dazu ein Beispiel. Bei einem $530 Highroller-Turnier, bei dem $500 ins Preisgeld und $30 an den Betreiber gehen, müsste der Betreiber gemäß Paragraph 47(3) genau $26,50 an Steuern für einen deutschen Spieler abführen.

Da sich der Anbieter mit den übrigen $3,50 kaum begnügen würde bzw. könnte, müsste also die Turniergebühr erhöht werden. Denkbar wäre etwa ein Startgeld von $550 ($500 + $50), wonach der Betreiber nach Abzug der Steuern statt $30 noch $23,50 verdient.

Bezahlt wird die Rechnung natürlich vom Spieler, dessen Turniergebühr von 5,7% enorm auf 9,1% ansteigt und nur noch für die wenigsten (wenn überhaupt) tragbar wäre.

Ungleichbehandlung von Cashgame und Turnierpoker

Ein äußerst interessanter Aspekt ergibt sich beim Vergleich von Cashgame und Turnierpoker. Folgender Passus in §47(1) ist wichtig: Werden während des Spiels weitere Beträge zur Verlängerung des Spiels eingesetzt, gelten diese zu dem Betrag zugehörig, den der Spieler bei Beginn des Spiels zum Setzen zur Verfügung hat.

Das bedeutet, dass für einen Spieler, der mit $100 an den Tisch geht, $5,30 Steuer bezahlt werden müssen. Mit den üblichen 3% Rake lässt sich das auf den ersten Blick natürlich nicht decken, doch ist die Rechnung bei weitem nicht so einfach.

Da nur der Betrag versteuert wird, mit dem sich der Spieler an den Tisch setzt, bricht das totale Chaos aus. Löst sich der Tisch etwa nach vier Händen auf, muss für so gut wie keine Aktion eine Menge Steuern bezahlt werden, und für jemand, der seinen Stack verzehnfacht, müssen dennoch nur $5,30 abgeführt werden.

Und der Paragraph bietet ein Schlupfloch. Er erlaubt ausdrücklich das Nachkaufen von Chips, d. h. wenn jeder Spieler nur mit dem Mindest-Buy-In an den Tisch geht und sich danach erst voll einkauft, fallen deutlich weniger Steuern an.

Allein hieran sieht man, dass die Väter dieses Gesetzes von Online-Poker wenig bis gar nichts verstehen. 

Der Vergleich mit anderen Ländern

Während die deutsche Gesetzgebung sich jahrelang in einem Dornröschenschlaf befand, regelten andere europäische Länder die Besteuerung und regulierten ihre Märkte.

Anstatt sich an den bewährten Gesetzgebungen zu orientieren, will Deutschland nun aber einen Sonderweg beschreiten.

Außer in Frankreich wird in fast allen Ländern der sogenannte Bruttospielertrag versteuert. Im europäischen Durchschnitt liegt die darauf erhobene Steuer bei 19 Prozent, sie variiert von null Prozent in Österreich und Portugal bis 35 Prozent in Griechenland. Kein Wunder also, dass viele griechische Pros in Österreich leben.

In Frankreich wird derzeit eine zweiprozentige Spieleinsatzsteuer erhoben, doch sie dürfte bald Geschichte sein, da unser Nachbar sich den anderen Ländern anschließen will.

So unrealistisch es klingt, so wahr ist es doch. Trotz der Erfahrungen in den anderen Ländern will Deutschland eine Spieleinsatzsteuer von 5,3% erheben und damit einen absoluten Sonderweg einschlagen!

Das Gesetz geht von einer Ausschüttung von 96% aus, also einem Durchschnittsrake von 4%. Wenn man dieses zugrundlegen würde, entspräche die neue, 5,3% hohe Einsatzsteuer einer Rake-Besteuerung von 125% und läge damit erheblich über den Steuern anderer europäischer Länder.

Die Auswirkungen

Die Ideen hinter der Online-Steuer sind die Bekämpfung von illegalen Angeboten im Netz und, in Zeiten durch Corona geschröpfter Staatskassen, zusätzliche Steuereinnahmen.

So sinnvoll diese Absichten sind, so wenig zielführend sind sie laut der Einschätzung vieler Fachleute.

Legales Online-Poker ist durch diese gewaltige Besteuerung nicht profitabel, was sowohl dazu führt, dass Spieler zu anderen Anbietern abwandern, als auch die zu erwartenden Steuereinnahmen deutlich unter dem liegen werden, was eine sinnvolle Regulierung hervorbrächte.

In diesem Punkt sind sich die meisten Fachleute einig, die auf die (bei 5,3% Spieleinsatzsteuer) viel zu hohe Bruttospielertragssteuer verweisen und anmerken, dass die Erfahrung im Sportwettenmarkt zeige, wie die Abwanderung ins illegale Milieu unter solchen Voraussetzungen ansteigt.

Uwe Proll vom Behördenspiegel meint: „Die Finanzminister haben den Sinn der Glücksspielregulierung offensichtlich nicht erkannt.  Der Sinn ist, Glücksspiel durch Kanalisation zu regulieren und damit Auswüchse zu verhindern, Sucht zu minimieren und am Ende einen möglichst breiten Markt in der Regulation zu bekommen.“

Und Wettbewerbsökonom Professor Justus Haucap legt ein wichtiges Argument nach. „Im Übrigen bezweifle ich, dass die Steuer wirklich an die finanzielle Leistungsfähigkeit der Spieler anknüpft, da ja nicht Gewinne oder Verluste besteuert werden, sondern nur der reine Spieleinsatz.“

Fazit

Für deutsche Online-Pokerspieler könnten ab 1. Juli 2021 düstere Zeiten anbrechen. Auch wenn die gegenwärtige Formulierung zur Besteuerung von Online-Poker in ihrer Schwammigkeit zumindest Cashgame-Spielern Schlupflöcher bietet, müssen zumindest Turnierspieler mit deutlich höheren Gebühren rechnen. Die daraus entstehende Unmöglichkeit, profitabel zu spielen, führt zu einer Abwanderung zu dubiosen und unseriösen Anbietern oder einer (aus Sicht des Staats ungünstigen) Steuerverlagerung ins Ausland. Um dies zu verhindern, ist eine Reform des Gesetzentwurfs dringend geboten.  

 

3 KOMMENTARE

  1. Endlich mal eine gute Analyse der anstehenden Pokersteuer, die nicht direkt das Aus des Onlinepoker beschreibt.
    Ich persönlich gehe davon aus, dass das rake für Cash-Game um circa 1 Prozent erhöht wird. Das dürfte den Pokerplattformen vermutlich reichen um die Mehrkosten der Pokersteuer zu decken. Uns selbst mit der 1-prozentigen Erhöhung dürfte der Pokerbetreiber noch mehr Gewinn machen.

    Was mich allerdings erstaunt ist eure Angabe, dass der übliche rake 3 Prozent beträgt. Tippfehler oder ist das auf den höchsten Limits wirklich so?

  2. Servus,

    „Werden während des Spiels weitere Beträge zur Verlängerung des Spiels eingesetzt, gelten diese zu dem Betrag zugehörig, den der Spieler bei Beginn des Spiels zum Setzen zur Verfügung hat.“

    Heißt das, wenn ich meinen 100bb stack verliere und dann einen rebuy mache, muss ich nicht nochmal 5,30 bezahlen (bei 100)?

    Dann bleib ich den ganzen Tag an einem Tisch und bezahle 5,30 bzw. wenn ich mich für 30 einkaufe 1,59 ?

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