Trockener als Martini: Udo Gartenbach im Interview

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Er schreibt bissig, manchmal anzüglich und fast immer schräg. Als Kolumnist platzte Udo Gartenbach in die Deutsche Pokerszene wie ein ungebetener Gast in eine Familienfeier. Ohne Zweifel brachte er frischen Wind in die Pokermedien. Vor wenigen Tagen war sein Tanz vorbei. Der 49-Jährige kündigte an, kürzer treten zu wollen. Aber warum? Hochgepokert fragte nach.

Hochgepokert: Herr Gartenbach …

Udo Gartenbach: Du kannst Udo zu mir sagen …

Hochgepokert: Ok, also Udo. Vielen Dank, dass du dir trotz deiner unüberhörbaren Erkältung und keine 24 Stunden vor Heiligabend etwas Zeit nimmst, um uns ein paar Fragen zu beantworten.

Udo Gartenbach: Schieß los, was wollt ihr wissen?! Aber bitte nicht damit anfangen, wann ich wo welche Hand gespielt oder den letzten Showdown gewonnen habe.

Hochgepokert: Warum sollten wir danach fragen?

Udo Gartenbach: Weil es alle machen. Am Ende steht da „Er hielt Asse, sie die Kings. Der Flop ging auf, er pushte rein.“ Sorry, ich kann diesen Schrott nicht mehr lesen, auch wenn er sich schön reimt. Und wenn ich mir das heute auch mit euch antun muss, tja, dann wird dieses Weihnachten noch zur Bad-Beat-Story.

Hochgepokert: Keine Sorge, danach fragen wir nicht. Aber Story ist ein gutes Stichwort. Du warst als Kolumnist bei Pokerolymp aktiv. Wie aus der Hüfte geschossen, gab’s es vor 14 Tagen eine kurze Mitteilung, dass du dich verabschiedest. Unsere Frage: Warum ist Udo Gartenbach nicht mehr auf dem Olymp? Ausgebrannt?

Udo Gartenbach: Ne, vom Schreiben nicht. Ich muss meine Vorgeschichte auspacken, dann wird das vielleicht verständlicher. Vor Poker gab es ja auch was anderes.

Hochgepokert: Wir wissen, dass du in der Vergangenheit erfolgreich in der Werbebranche warst.

Udo Gartenbach: Erfolgreich ist gut. An irgendeinem Tag stand einer in der Tür und fragte, ob wir Werbung machen können. Klar, hab ich gesagt. Dabei hatten ich und meine Partner keinen Schimmer davon. Aber wir haben schräg gedacht und schräge Sachen gemacht. Das war unsere Erfolgsformel. Gegen den Strom schwimmen. Alle sind rechts rumgelaufen, wir sind links abgebogen. Das hat wunderbar funktioniert.

Hochgepokert: Die Kasse stimmte?

Udo Gartenbach: Geld haben wir nicht verdient, ne, das haben wir geerntet. Das lief alles wie am Schnürchen, das könnt ihr euch nicht vorstellen. Aber nachdem die New Economy Blase Ende der 90er Jahre geplatzt war, rauschten wir den Berg runter. Zwar nicht so schnell wie andere, aber in die gleiche Richtung, nämlich abwärts.

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Hochgepokert: Und Poker war der Ausweg?

Udo Gartenbach: Natürlich nicht. Ich hätte in der Werbung bleiben können, hatte aber die Schnauze voll. Das Business hat an jedem verdammten Knochen genagt. Ich bin von München nach New York geflogen, hab Geschäfte eingetütet und bin mit dem Flieger nach Köln zurück. Meine Frau hatte gerade unseren Sohn bekommen. Denn Kleinen hab ich zwei Stunden gesehen, hab irgendein belangloses Zeug geredet und bin wieder zum Flughafen und mit der nächsten Maschine nach Tokyo. So lief das. Da hatte ich einfach keinen Bock mehr drauf.

Hochgepokert: Und wolltest Poker Profi werden?!

Udo Gartenbach: Stimmt, ich wollte Hausfrau werden. Das hab ich auch geschafft. Ich bin recht spät Vater geworden, war schon 40, und wollte etwas von meiner Familie haben. Ok, ohne Kohle geht das natürlich nicht. Aber meine Frau hat bis heute einen Bombenjob. Sie ging arbeiten und ich konnte mich um Kind, Haus, Herd, Hund und Abwasch kümmern. Das läuft seit neun Jahren so. Mit der Schreiberei hab ich nebenbei angefangen.

Hochgepokert: Und Pokerolymp?

Udo Gartenbach: Alles Zufall. Ich hab geschaut, wo man was machen kann. Poker hat mir damals wie heute viel Spaß gemacht. Und dann hab ich mit den Kolumnen angefangen.

Hochgepokert: Die sind bei den Leserinnen und Lesern gut angekommen. In einem Kommentar stand, „Der Humor von Gartenbach ist trockener als ein Martini“. Nach der Kolumne „fressen, ficken, pokern“ kam einer auf die Idee, dich als König der Pokerdadaisten zu bezeichnen.

Udo Gartenbach: Ich weiß gar nicht, wie ich auf den Text gekommen bin. Aber es war ne tolle Geschichte, die angenommen wurde. Vielleicht lag es daran, dass Klartext immer noch die einfachste Sprache ist.

Hochgepokert: Mal ne ganz andere Frage. Trinkst du wirklich so viel Rotwein?

Udo Gartenbach: Alles relativ. Aber bevor ich zum Kamillentee greife, schenk ich mir doch lieber ein Gläschen ein.

Hochgepokert: Das Jonglieren mit Worten scheint dir zu liegen. Dein Buch, „Mau-Mau ist was für Tunten“, ist ein Renner.

Udo Gartenbach: Ja, aber nicht an der Kasse.

Hochgepokert: Das bedeutet?

Udo Gartenbach: Der Carlsen Verlag hat ne Startauflage von, ich glaub das sind 10.000 Stück gewesen, drucken lassen. Einen Nachdruck hat es aber noch nicht gegeben. Und das, obwohl wirklich jeder in der Pokerszene den Titel kennt. Aber wie willst du da auf einen grünen Zweig kommen als Schriftsteller, wenn die Leute dein Buch nicht kaufen. Kauft Bücher, kann ich da nur sagen, und vor allem, kauft mein Buch.

Hochgepokert: Die Freunde des Mau-Mau fanden es nicht so toll.

Udo Gartenbach: Der Deutsche Mau-Mau Verband hat ja noch Humor bewiesen. Aber da haben sich ja noch ganz andere Leute beschwert. Eine Schwulen-Organisation aus Österreich zum Beispiel. Die fühlten sich auf den Slips getreten.

Hochgepokert: Das hat dir geschadet?!

Udo Gartenbach: Im Gegenteil. Der ganze Zirkus hat mich doch erst richtig bekannt gemacht. Die Medien haben das Thema aufgesaugt wie ein Schwamm. Bei einer großen Norddeutschen Zeitung wurde links auf der Seite über „Mau-Mau ist was für Tunten“ und Udo Gartenbach geschrieben, rechts daneben stand was über den Bundespräsidenten. In besserer Gesellschaft kann man nicht sein, wenn man etwas verkaufen will. Und ohne eine gewisse Bekanntheit verkauft sich sowieso nichts. In der BLID war ich auch erwähnt. Kein Ritterschlag, aber besser als nichts.

Hochgepokert: Verkaufen ist gut. Du schreibst an einem neuen Buch. Eine Biografie über Hermann Müller, besser bekannt als Hermann Pascha.

Udo Gartenbach: Stimmt. Deshalb bin ich auch regelmäßig im Puff.

Hochgepokert: Bitte?!

Udo Gartenbach: Ich meine die Clubs vom Hermann. Der hat aus seinem Business nie einen Hehl gemacht und deshalb ist es auch eine tolle Aufgabe. Der ist unkompliziert, sagt was Sache ist und als Schreiber bekommst du Stoff ohne Ende. Er redet offen, beschönigt nichts und bringt zumindest mich auf viele Ideen.

Hochgepokert: Aber pokertechnisch hat er es nicht so drauf, wenn man sein Treiben bei German High Roller als Maßstab nimmt.

Udo Gartenbach: Aber welchen Fernsehzuschauer interessiert das? Die Leute wollen Unterhaltung, wollen Entertainment. Da sitzen Spieler in der Runde, die treffen perfekte Entscheidungen, und bringen keinen Satz raus. Kein Witz, kein Gespräch, gar nichts. Sie gewinnen, mehr nicht. Hermann spielt zum Spaß. Deshalb haut er seine Sprüche raus und ist der Farbtupfer schlechthin. Wäre Hermann Pascha nicht dabei, und das sag ich als normaler Zuschauer, dann pennst du bei dem Format German High Roller im stehen vor der Glotze ein.

Hochgepokert: Fehlt es an Typen wie Hermann Pascha?

Udo Gartenbach: Eindeutig. Von dem Kaliber sind viel zu wenige unterwegs. Aber das kapieren viele nicht. Man glaubt, Poker ist ein tolles Spiel und deshalb müssten die Leute darauf abfahren. Das Spiel ist auch toll, klar, aber das reicht doch nicht, um es in die breite Öffentlichkeit zu bringen. Schokolade ist auch super, aber Milka ist eben besser. Warum? Weil die Lila Kuh eine schwachsinnig-geniale Idee war. Jeder hat es gefressen – Milka ist super. So muss das laufen, selbst wenn man anschließend für „gaga“ gehalten wird.

Hochgepokert: Gaga fanden einige einen PR-Bericht über ne chinesische Firma und deren Keramikchips.

Udo Gartenbach: Ja, weiß ich. Hatte zwar mit Public Relation nichts zu tun, war auch nicht so gedacht oder gemeint, aber auf die Fresse habe ich im übertragenen Sinne reichlich bekommen. Auch als ich über meine neue Partnerschaft mit Pokeridol geschrieben habe, …

Hochgepokert: Kannst mit uns gerne drüber reden.

Udo Gartenbach: Also, als ich über Pokeridol und meine Funktion als Testemonial geschrieben habe, sind einige Kommentare auch derbe unter die Gürtellinie gegangen. Und das war ja nicht das erste Mal. Ich hab was geschrieben, manche fanden es gut, einige schlecht. So ist das Spiel. Einem feinen Unterschied gibts es aber. Diejenigen die meine Schreiberei schlecht finden, haben sich angewöhnt, sehr, sehr hart zuzuschlagen. Derbe Beleidigungen, unterste Schublade und noch ein Stück tiefer. Das merkt man sich und kommt ins Grübeln.

Hochgepokert: Worüber?

Udo Gartenbach: Ob eine Pause nicht ganz gut tun würde. Und die habe ich mir jetzt verordnet. Aber nur bis Mitte Januar. Dann geht es vielleicht wieder los. Es stehen einige Projekte im Raum, aber ich bin für alles offen. Vorstellbar wäre auch eine Onlineseite. Mau-Mau-König.de ist schön, www.runtergepokert.de ist die absolute Herausforderung.

Hochgepokert: Du hast bei deinem ersten Werbeauftritt für Pokeridol ein Ticket für die Aussie Millions gewonnen. Wann fliegst du nach Down Under?

Udo Gartenbach: Gar nicht. Das Ticket geb ich zurück. Ich flieg doch nicht 35.000 Kilometer durch die Weltgeschichte, nur um mich an einen Pokertisch zu setzen. Bei aller Liebe, das tue ich mir nicht an. Da spiele ich lieber in Wien oder Amsterdam ein kleines Turnierchen. Also in Städten, aus denen ich schnell wieder weg und nach Hause komme, sollte meine Strategie des „Fold in the Dark“ und „Raise in the Dark“ keinen Erfolg haben.

Hochgepokert: Eine letzte Frage. Wie feiert Udo Gartenbach Weihnachten?

Udo Gartenbach: Ruhig und beschaulich, mit meiner Frau, meinem Sohn, unserem Hund und einem Gläschen Rotwein.

Hochgepokert: Vielen Dank für das Gespräch.

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