Black Friday – Geldwäsche und Betrug aber nicht Poker

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Freitag der 15. April 2011 wird wohl für immer als eine der größten vorstellbaren Zäsuren in die Geschichtsbücher der Pokerwelt eingehen. Es gab wohl niemanden innerhalb der Branche oder der Community, der Ereignisse von solch unglaublicher Tragweite auch nur im Ansatz erahnen konnte und selbst die pessimistischste Kassandra hätte sich an solch einer Prophezeiung die Zähne ausgebissen.

Und doch: Im Nachhinein betrachtet kann man sich zu der zugegebenermaßen ein wenig besserwisserisch klingenden Einschätzung hinreißen lassen, dass es eigentlich nur eine Frage der Zeit war, bis so etwas passiert. Dass sich PokerStars, Full Tilt und Absolute Poker in den USA auf ausgesprochen gefährlichem Terrain bewegt haben, musste jedem klar sein, der auch nur den rudimentärsten Einblick in die Branche hatte. Schließlich ist der Unlawful Internet Gambling Enforcement Act aus dem Jahr 2006, der dieses ganze Drama ja erst ausgelöst hatte, schlicht und einfach ein gültiges und somit bindendes Gesetz. Egal wie kurzsichtig und unfair er auch sein mag. Oder um Götz Schrages Vergleich noch einmal zu bemühen: Obwohl Cannabis eher ein homöopathisches Heilmittel als eine gefährliche Droge ist, kann man trotzdem ins Gefängnis kommen, wenn man damit Handel treibt.

Man darf annehmen, dass den handelnden Personen, die nun so oft unter dem Begriff „die Beschuldigten“ zusammengefasst werden, sehr wohl bewusst war, dass sie mit ihren Geschäften bei der amerikanischen Justiz auf wenig Gegenlieben stoßen dürften. Anders ist es auch nicht zu erklären, dass es einige von ihnen tunlichst vermieden haben, in den letzten Jahren in die USA zu reisen. Über der Pokerindustrie schwebte seit dem Jahr 2006 ein Damoklesschwert und das unbestimmte Gefühl, dass  einige Häuser vielleicht auf einem nicht ganz so stabilen Fundament gebaut sein könnten. Alles was es brauchte, um die ganze Schoße ins Rollen zu bringen, war ein Schlüsselereignis plus eine motivierte Staatsanwaltschaft. Dass der motivierte Staatsanwalt dann aber gleich zu solch einem Berserker werden würde, überrascht ob seiner Brutalität und Unmittelbarkeit. Dabei darf man jedoch nicht dem falschen Schluss unterliegen, dass es bei den gewaltigen Veränderungen, die am vergangenen Freitag ihren Lauf nahmen, in ihrem Kern nun um Poker oder den UIEGA geht.

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Die gewichtigsten Vorwürfe gegen die Beschuldigten sind nämlich nicht etwa die des illegalen Glücksspiels oder die der Verstöße gegen den UIEGA, sondern jene Vorwürfe der organisierten Geldwäsche und des organisierten Bankbetruges. Während IIllegales Glücksspiel und UIEGA Verstöße mit jeweils fünf Jahren Maximalstrafe vergleichsweise harmlos sind, schlagen diese beiden Vergehen mit 20 beziehungsweise 30 Jahren Freiheitsstrafe zu Buche. Die Staatsanwaltschaft von Manhattan wirft den Beschuldigten vor, über Jahre hinweg ein riesiges System aus Scheinfirmen und Scheintransaktionen errichtet und damit Geldwäsche und Bankenbetrug im ganz großen Stil begangen zu haben. Dass sie dabei Pokerplattformen betrieben haben, ist nur in zweiter Linie von Bedeutung. Kurz gesagt: Finanzbetrug sticht Illegales Glücksspiel.

Daher ist es auch falsch zu glauben, der schwarze Freitag bedeute das Ende des Online Pokers wie wir es kennen. Natürlich, kurfristig ist es ein vernichtender Schlag, der sowohl in den USA, als auch global, alles durcheinandergewirbelt hat. Die Welt des Online Pokers wird einige grundlegende Veränderungen durchleben, die ihr Angesicht für immer verändern werden. Auf viele tolle Phänomene der Pokerwelt – sein es die atemberaubenden Partien auf den Sky Highstakes, oder rappelvolle Events bei der WSOP – werden wir vielleicht in der nächsten Zeit verzichten müssen, doch die (Poker)Welt dreht sich weiter. Während dieser Text entsteht, spielen trotz dem Black Friday fast 6.500 Menschen aus aller Welt die Sunday Million, was zwar deutlich weniger als am letzten Wochenende sind, aber immer noch eine ganze Menge.

Mittel bis langfristig werden wir in den USA trotzdem mit Sicherheit eine Liberalisierung des Marktes erleben, die dann natürlich mit einer Regulierung einhergehen wird. Durch das knallharte Vorgehen der amerikanischen Justiz gegen die derzeit marktbeherrschenden Kräfte in den USA könnte eine tabula rasa geschaffen werden, auf der man dann die Rahmenbedingungen eines neuen Marktes zeichnen kann. Ob PokerStars und Full Tilt allerdings Chancen haben, in dieser Zeichnung einen Platz zu finden, darf zumindest bezweifelt werden und wird wohl zu einem großen Teil von ihrem jetzigen Verhalten beziehungsweise ihrer Kooperation abhängen. Spannend ist die Entwicklung auf alle Fälle aus Sicht der Mitbewerber, allen voran natürlich PartyGaming/Bwin, da diese nun im Falle der Öffnung des amerikanischen Marktes sozusagen eine Poleposition einnehmen können. Erwähnt sein jedoch auch die großen Offline Casino Gruppen, die seit geraumer Zeit ihre Online Plattformen in Stellung bringen. Ganz besonders gilt es in den nächsten Wochen und Monaten den Spielriesen Zynga im Auge zu behalten, der bereits seit Monaten mit mehr als einem Auge auf den lukrativen Online Poker Markt schielt und der nun seine große Chance gekommen sehen könnte. Denn die Geschichte lehrt uns, dass wann immer irgendwo ein großes Machtvakuum entsteht, es nicht besonders lange dauert, bis wieder gefüllt wird.

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