Eine Hand zwei Meinungen – Jake Cody vs. Martin Schleich

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Jake Cody (GBR)

„Poker nach Lehrbuch“ ist ein geflügeltes Wort. Wieso spielen Profis Hände dennoch so unterschiedlich? Um Einblick in die Denkweise des Profis zu bekommen, haben wir zwei Pros mit der gleichen Konstellation konfrontiert. Dass die verschiedenen Poker-Spieler die Hände zum Teil sehr unterschiedlich spielen, beweisen wir wieder einmal in unserer Rubrik „Eine Hand – zwei Meinungen“. Wir befragten mit Jake Cody und Martin Schleich zwei bekannte Poker-Profis der Poker-Szene.

Handanalyse der Pros

Eine Hand – zwei Meinungen

Handbeschreibung:

 

Diese Hand ereignete sich beim Main Event der WSOP Europe 2011 in Cannes. Zu diesem Zeitpunkt waren noch 13 Spieler im Turnier. Die Blinds lagen bei 12.000/24.000 mit einer Ante von 4.000. Max und Jake belegten zu diesem Zeitpunkt Platz 1 und 4 im Chipcount.

Small Blind: Max Silver (GBR) Stack. Ca. 2.800.000 Q::s 10::s

Big Blind: Shawn Buchanan (CAN) K::s 10::h

UTG: Dermot Blain (IRL) 6::d 6::c

Button: Jake Cody (GBR) Stack ca. 1.900.000 A::s Q::h
Dermot raist UTG auf 50.000, Jake callte vom Button. Max und Shawn callten ebenfalls aus den Blinds. Potsize: 224.000

Der Flop kam: Jd 8h 4s

Es wurde zu Jake gecheckt und dieser spielte 85.000 an. Max check-raiste daraufhin auf 205.000. Shawn und Dermot foldeten. Jake callte. Potsize: 634.000

Turn: 7c

Max setzte 325.000 und Jake callte erneut. Potsize: 1.284.000

River: Qc

Beide checkten und Jake gewann die Hand mit ein Paar Queens und Ass Kicker.

 

Meinung Jake Cody:

Jake Cody (GBR)
Jake Cody (GBR)

Das war auf jeden Fall eine der interessantesten Hände, die Schlagzeilen gemacht hat.

Dermot raist UTG auf 50.000 und ich calle am Button nur, weil ich dachte, das wäre für die Spieler hinter mir ein guter Spot zu 3-betten. Ich will meine Hand nicht in einen Bluff verwandeln, deshalb war ein Call in Position Preflop die beste Option. Max und Shawn callen beide aus den Blinds, und wir sehen zu viert einen Flop.

Der Flop kommt: Jd 8h 4s

Alle checken zu mir und ich setze etwas mehr als die Hälfte des Pots, in der Hoffnung den Pot hier in den meisten Fällen direkt zu gewinnen. Aber dann check-raised Max auf 205.000. Zwei Folds und die Action ist wieder bei mir. Wir hatten zuvor schon eine ganz ähnliche Hand, wo er mit 77 aus den Blinds mit einer 3-Bet gesqueezed hat, und ich denke 44 ist das einzige Set, dass er in dieser Situation halten könnte. Ich habe aber das Gefühl, dass er hier in den meisten Fällen entweder irgendeinen Gutshot oder überhaupt nichts hat. Mit Max habe ich schon hunderte Hände gespielt und irgendwas passt hier nicht zusammen. Also calle ich, mit dem Plan, die Hand in einer der nächsten Setzrunden zu gewinnen.

Der Turn bringt eine 7c

Eine ziemlich schlechte Karte für mich. Einige seiner Gutshots haben jetzt ein Paar 7er und T9 wurde zu einer Straight. Ohne lange zu überlegen setzt er 325.000, und ich spüre, dass er schwach ist. Also floate ich den Turn. Mein Plan war, falls er auf dem River nicht setzt bei fast allen River-Karten All-In zu gehen, denn dann muss er auch ein zufällig getroffenes Paar folden.

Der River ist eine Qc

Eine sehr interessante Karte. Er checkt jetzt recht schnell und ich überlege erst etwas und checke dann behind, was ein großer Fehler war. Die Queen änderte meinen Plan für diese Hand und ich hätte mir auf dem River mehr Zeit nehmen und für Value betten müssen oder versuchen sollen ein Bluffraise All-In zu provozieren. Den River habe ich ziemlich schlecht gespielt. Ich glaube eine meiner absoluten Stärken ist das Value Betting in solchen Spots und ich war extrem sauer, dass ich das hier verpasst habe.

 

Meinung Martin Schleich:

Martin Schleich (GER)
Martin Schleich (GER)

Jake Cody callt am Button nur mit AQ. Ich würde hier 6- bzw. 7-handed häufig 3-betten um die Blinds zum Folden zu bewegen und mit Initiative Heads-Up zu kommen. Ein Call ist aber aus meiner Sicht ebenfalls in Ordnung. Der Flop ist sehr trocken und Jack versucht hier, nachdem alle inklusive dem Preflop Aggressor gecheckt hatten, den Pot zu gewinnen, was ich sehr gut finde. Er bekommt häufig bessere Hände zum Folden, denn kleine Paare können hier kaum weiterspielen. Außerdem hat er in den meisten Fällen sechs Outs, der Preflop Aggressor wird häufig direkt aufgeben und man wird auf so einem Board normalerweise nicht allzu häufig geraist. Wider erwarten bekommt er aber doch ein Check-Raise von Max Silver, was man mit einem Nut Gutshot, einem Backdoor Flush Draw und einer Overcard durchaus ab und zu mal machen kann. Die beiden anderen Spieler werden häufig folden müssen, weil sie im Sandwich nur einen kleinen Teil ihrer Range weiterspielen können. Der große Nachteil an dieser Spielweise ist allerdings, dass es nur sehr wenige Händen gibt, die Max so spielen kann: 44, 88, AJ, evtl. KJ und sehr selten JJ, J8s, da er die letztgenannte Hand Preflop oft folden wird. Darüber hinaus wird er mit diesen Händen häufig nur callen, damit schwächere Hände dabeibleiben und value- bzw. bluffbetten. Demgegenüber steht T9 mit dem Open Ended Straight Draw und jede Menge Gutshots (QT, Q9, 97, 67). Viele aggressive Spieler neigen dazu, zu viele dieser schwachen Drawing Hands zu raisen, deshalb würde ich hier wie Jack mit AQ das kleine Raise häufig callen, da ich der Meinung bin, dass man die Hand in Position mit positivem Erwartungswert weiterspielen kann.

Die Turnkarte ist eine der schlechtesten überhaupt für Jakes Equity. Sie macht T9 zu den Nuts und er ist jetzt auch gegen alle Gutshots mit der 7 hinten. Max setzt nun noch mal halben Pot, was er meiner Meinung nach mit vielen Händen in seiner Range machen wird. Zudem kann er eine geturnte 7 hier betten, um eine 8 oder sogar einen Buben mit einem weiteren Einsatz auf dem River zum Folden zu bekommen. An Jakes Stelle würde ich hier folden, wenn ich keinen klaren Read habe, dass mein Gegner schwach ist. Max hat hier nämlich den schlechtesten Teil seiner möglichen Hände, aber er kann genauso gut ein Set, die Nuts mit T9, Two Pair, viele Jx oder 8x Hände haben. Da wir selber eine Dame haben, sind die Gutshotkombinationen mit einer Dame noch unwahrscheinlicher. Es gibt einfach zu wenig Hände, die wir mit Ace High schlagen und wir müssen auch noch einen River spielen, auf dem wir uns selten verbessern und falls doch halten wir oft trotzdem nur die zweitbeste Hand.

Am River trifft Max Top Pair und checkt zu Jake. Sein Problem ist, dass Jake hier nicht mehr mit vielen schlechteren Händen callen kann und ich denke der Check ist ganz knapp die beste Option. Das ist aber abhängig davon, wie oft man Jake mit einem Buben oder einer 8 einen Hero Call zutraut. Auch Jake muss sich die Frage stellen, mit welchen schlechteren Händen Max noch callen kann. Seine Handrange beinhaltet ja bereits Sets, die Straight und einige Two Pair Kombinationen. Jake ist in dieser Situation häufig vorne wenn durchgecheckt wird, aber er muss ja in mehr als 50% der Fälle vorne sein, um valuebetten zu können. Max kann hier durchaus eine Falle stellen mit T9 oder einem Set und er wird mit einem Buben eigentlich nicht mehr check-callen können, weil Jake einfach zu selten eine schlechtere Hand betten wird und zu viele bessere Hände in seiner Range sind. Daher finde ich den Check von Jake am River gut.

 

Autoren: Jake Cody, Martin Schleich

Bild Quelle: PokerNews, Danny Maxwell

 

 

 

 

 

 

 

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