Goldene Ananas oder Karrieretraum? – Über Sinn und Wert der POY-Wertungen

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Das Ziel beim Pokerspielen ist vor allem Geld zu gewinnen, und natürlich lässt sich der Erfolg eines Spielers auch daran am besten messen.

Doch für fast alle Spieler zählen auch ideelle Werte. Die meisten Profis träumen davon, einmal ein Bracelet oder gar den WSOP Main Event zu gewinnen, andere, die kleinere Brötchen backen, wollen einmal bei einer EPT teilnehmen oder mit einem Star wie Daniel Negreanu an einem Tisch sitzen.

Und dann gibt es seit 2004 auch noch diverse Player-of-the-Year-Wertungen, bei denen man wie in anderen Sportarten Weltranglistenerster werden kann.

WSOP, GPI und Cardplayer – die verschiedenen POY-Wertungen beim Poker

Der Gewinn einer POY-Wertung ist zwar nicht mit einem finanziellen Anreiz verknüpft, doch wird es zum Beispiel beim Tennis als Meilenstein betrachtet, wenn ein(e) Spieler*in wie Boris Becker oder Angelique Kerber sich an die Spitze der Weltrangliste setzt.

Auch bei einer so geldorientierten Sportart wie Poker nehmen eigentlich hartgesottene Spieler wie Daniel Negreanu, Shaun Deeb oder Chris Ferguson große (Reise-)Strapazen auf sich, um sich den begehrten Titel des WSOP Player of the Year zu sichern und damit in die Geschichtsbücher einzugehen.

Die letztjährige Vergabe allerdings geriet durch einen Rechenfehler zu einer Posse, als Daniel Negreanu seinen vermeintlichen Titel an Robert Campbell verlor, nachdem das letzte Turnier längst absolviert war und alle Spieler zuvor von falschen Voraussetzungen ausgegangen waren.

Neben dem WSOP Player of the Year, der seit 2004 vergeben wird, gibt es mit dem POY des CardPlayer (ebenfalls seit 2004) und dem POY des Global Poker Index (seit 2012) zwei weitere Wertungen, die in der Szene ebenfalls einen großen Stellenwert besitzen.

Wie funktionieren die Wertungen?

Über Gerechtigkeit lässt sich trefflich streiten, und vor allem die WSOP-POY-Wertung wurde in den letzten Jahren mehrfach überarbeitet.

Das hängt zum einem mit dem sich stetig verändernden Turnierangebot der WSOP, aber auch den extrem disparaten Teilnehmerfeldern zusammen.

Die einen argumentieren, dass eine gute Platzierung in einem so kleinen, aber erlesenen Feld wie der Poker Players Championship gar nicht hoch zu bewerten sei, während andere darauf bestehen, dass ein Sieg in einem Feld mit 10.000 Konkurrenten die größere Leistung sei und deshalb stärker gewichtet werden müsse.

Korrigiertes Ergebnis des WSOP POY Race:

PLATZ

SPIELER

PUNKTE

1Robert Campbell3,961.31
2Shaun Deeb3,917.32
3Daniel Negreanu3,861.78
4Anthony Zinno3,322.00
5Phillip Hui3,186.17

Die WSOP bemüht sich, den jeweiligen Positionen insgesamt möglichst gerecht zu werden und stößt dabei auf recht große Akzeptanz. Aktuell ist jedoch vor allem das Thema unbegrenzte Re-Entries stark umstritten, da auf diese Weise ein Ungleichgewicht geschaffen wird.

WSOP vs. CardPlayer und GPI

Nicht auf eine Turnierserie (bzw. zwei, wenn man die WSOPE getrennt betrachtet), sondern auf die Leistungen eines gesamten Jahres (bzw. noch länger) beziehen sich die POY-Wertungen von CardPlayer und Global Poker Index.

Der große Unterschied der beiden Wertungen ist der Zeitraum, in dem Turniere gewertet werden.

POY Cardplayer 2019

PlatzNamePOY PunkteTitelFinal TablesGewinne
1Stephen Chidwick7.484522$7,345,794
2Alex Foxen7.354220$5,729,532
3Sean Winter6.679417$3,942,037
4Sam Soverel6.352726$5,561,333
5Kahle Burns5.804415$4,118,003
6Bryn Kenney5.76258$9,709,698
7Cary Katz5.729426$8,037,828
8Almedin Imsirovic5.692421$4,610,836
9Joseph Cheong5.447312$1,458,245
10Rainer Kempe5.333516$3,706,408

Während beim CardPlayer nur Turniere aus dem aktuellen Jahr gewertet werden, greift der GPI in gewichteter Form auf Turniere der letzten 36 Monate zurück.

GPI POY 2019

PlatzName Preisgeld
#1William Alex Foxen3,806.09 pts
#2Sean Winter3,679.19 pts
#3Bryn Kenney3,647.81 pts
#4Kahle Burns3,641.63 pts
#5Stephen Chidwick3,637.94 pts
#6Rainer Kempe3,499.77 pts
#7Sam Greenwood3,487.10 pts
#8Manig Loeser3,434.91 pts
#9Timothy "Tim0thee" Adams3,377.88 pts
#10Almedin "Ali" Imsirovic3,377.59 pts

Ein weiterer Unterschied sind die Turniere an sich, die ausgewertet werden. Der CardPlayer wertet keine Turniere mit weniger als 50 Teilnehmern aus, sofern das Preisgeld nicht über $250.000 liegt. Das kann Turniere aus Highroller-Serien wie den US Poker Open, ARIA Highroller o. ä. betreffen.

Seriensieger Kahle Burns

Paradoxerweise werden so einige Turniere mit den besten Spielern der Welt nicht in die Wertung mit aufgenommen. Dagegen werden Turniere wie das WSOP Main Event, an dem viele Spieler bei einem recht hohen Buy-In teilnehmen, besonders stark gewichtet.

Was sind die Konsequenzen?

Die Unterschiede zwischen CardPlayer-POY und GPI-POY werden besonders zu Beginn eines Jahres deutlich.

CardPlayer POY 2020

PlatzNamePOY-PunkteTitelFinal TablesGewinne
1Vincent Wan2.28011$909,420
2Anton Suarez2.10011$1,000,000
3Ngoc Hoang1.90001$909,420
4Christian Rudolph1.75001$620,000
5Brian Altman1.60812$506,376
6Farid Jattin1.58924$986,083
7Kahle Burns1.58624$2,547,988
8Michael Addamo1.55624$1,807,310
9Nino Ullmann1.54002$370,609
10Erik Seidel1.53604$594,649

Während Seriensieger Kahle Burns beim GPI-POY recht deutlich führt, liegt er beim CardPlayer nur auf Platz 7. Das hat vor allem damit zu tun, dass Vincent Wans Sieg beim Main Event der Aussie Millions aus oben genannten Gründen (sehr viele Teilnehmer, recht hohes Buy-In) sich so stark niederschlägt. Der Überraschungssieger springt nämlich ohne Vorerfolge direkt auf Platz 1 und lässt so einen Spieler hinter sich, der zwei große Turniersiege errungen und vier Finaltische erreicht hat. Aus dem gleichen Grund ist es auch kein Zufall, dass mit Anton Suarez der Sieger der partypoker MILLION UK auf Platz 2 des CardPlayer POY folgt.

GPI POY 2020

PlatzNamePunkte
#1Kahle Burns1,162.42 pts
#2Erik Seidel972.86 pts
#3Najeem A Ajez907.50 pts
#4Steve "Mango" O'Dwyer901.80 pts
#5Maurice Hawkins845.09 pts
#6Farid Jattin828.45 pts
#7Alan "Ari" Engel778.46 pts
#8Quan Zhou778.06 pts
#9Michael Addamo755.80 pts
#10Stephen Chidwick751.54 pts

Auf Dauer gleichen sich die Listen aber an. Zwar gibt es mit Stephen Chidwick (CardPlayer) und Alex Foxen (GPI) zwei verschiedene Sieger in der Jahreswertung 2019, aber die Top Ten ähneln sich doch sehr stark.

Die Unterschiede haben zum einen mit dem Auswertungszeitraum zu tun, und auch das Punktesystem – das beim GPI deutlich komplizierter ist – differiert.

Alex Foxen, GPI POY 2019

Man kann somit auch nicht unbedingt von einem besser oder schlechter sprechen, was die beiden Wertungen betrifft, eher von einem kurzfristiger (CardPlayer) bzw. langfristiger (GPI). Der Vorteil des GPI ist dabei, dass der Blick auf die Rangliste immer aussagekräftig ist, während beim CardPlayer erst im Laufe des Jahres verlässliche Ranglisten entstehen.

Eines ist aber allen drei POY-Wertungen gemein. Die Spieler sind auch ohne finanziellen Anreiz heiß darauf, den Titel zu erringen!

 

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